Wenn Mitarbeiter den Arbeitsort wechseln müssen

Im letzten Jahr hat SBB Cargo die Lok-Instandhaltung auf dem Areal Basel Wolf aufgelöst und nach Dietikon verlegt. 13 Mitarbeiter wechselten ihren Arbeitsort an den Rangierbahnhof Limmattal. Wir zeigen, wie sie den Umzug erlebt haben und wie das Team in Dietikon mit der neuen Situation umgeht.

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Die Sonne scheint, die Kälte schleicht sich langsam in die Knochen: Es ist ein eisklarer Wintermorgen in der Service-Anlage von SBB Cargo in Dietikon. Am Rande des Rangierbahnhofs Limmattal gelegen – genauer im RBL Ost – werden die Lokomotiven von SBB Cargo Schweiz repariert; Re 420, Re 620, Eem 923 und Am 843 gehören zum üblichen Repertoire des Teams. Es diagnostiziert Störungen an den Loks, wechselt Radsätze, führt 60-Tage-Unterhalte durch, ersetzt Filter, füllt Öl auf oder repariert kaputte Luftschläuche.

Etwas fällt im Gespräch mit den Mitarbeitern gleich auf: In diesem Team schallen zwei ausgeprägte Dialekte. Etwa zwei Drittel sprechen im Zürcher Dialekt. Der Rest mutet etwas nördlicher an – Baseldeutsch dringt durch.

Das liegt daran, dass SBB Cargo im Zuge ihrer Werkstattstrategie einzelne Teams neu zusammengeführt hat. Seit Ende des Jahres konzentriert sich die Instandhaltung der nationalen Cargo-Loks auf Dietikon. Brig dient weiterhin als Aussenposten für den Südwesten. Die Güterwagen werden vorwiegend in Muttenz repariert. Die Service-Anlage auf dem Areal Basel Wolf, in der ein 25-köpfiges Team bis anhin Loks von SBB Cargo repariert hat, wurde Ende des Jahres aufgelöst und dem Personenverkehr übergeben. Dieser kümmert sich nun an diesem Standort um Flirts und den Giruno.

Mit dem Auto zu den Loks

Doch zurück nach Dietikon. «Als ich im Sommer 2016 das erste Mal von diesem Umzug gehört habe, hat es mir ehrlich gesagt die Stimme verschlagen», sagt Ahmet Asik. Er ist einer der Basler Mitarbeiter, die vom Umzug betroffen waren. «Viele von uns wohnen in Frankreich oder Deutschland und hatten schon bis nach Basel einen weiten Arbeitsweg. Ich konnte mir nicht vorstellen, wie das mit einem Arbeitsweg bis nach Dietikon funktionieren sollte.»

Ahmet ist Disponent in der Service-Anlage. Er ist das Eingangs- und Ausgangstor für die Loks, plant die Durchläufe, ist für die Schichteinteilungen zuständig. An den Umzug hat er sich mittlerweile gewöhnt. Und das, obwohl er weiterhin im französischen Teil des Dreiländerecks in Basel wohnt. Das Pendeln macht ihm nichts aus, wobei er lacht und sagt, es sei ja schon ein wenig ironisch: «Ich kümmere mich um Loks, fahre aber mit dem Auto zur Arbeit. Mit dem öffentlichen Verkehr würde es von Tür zu Tür viel länger dauern, da die Anschlüsse nicht passen und die Service-Anlage nicht gleich am Bahnhof Dietikon liegt.»

Neben Ahmet pendeln auch noch weitere Basler Mitarbeiter nach Dietikon. Einige sind aber auch in die Nähe gezogen – so beispielsweise Gino Rattunde: «Meine Freundin wohnte eh schon in Dietikon; für mich war die Verschiebung des Arbeitsorts also eigentlich sogar positiv.» Doch nicht alle nahmen die neue Situation so locker wie Ahmet und Gino. Sieben Mitarbeiter aus Basel haben eine neue Aufgabe in der Service-Anlage in Muttenz gefunden, da dort ein neuer, kleinerer Stützpunkt für die Loks von SBB Cargo International gegründet wurde. Einige wenige haben sich dafür entschieden, eine ganz neue Stelle anzutreten. Gekündigt wurde aufgrund des Umzugs aber niemandem.

Nicht nur neue Kollegen, sondern auch neue Abläufe

Auch für die Mitarbeiter in Dietikon hat sich einiges geändert: Es sind nicht nur 13 neue Kollegen mit einem anderen Dialekt ins Team gekommen; die Basler haben auch ihren Chef Jegan Ratnam und ihre Abläufe mitgebracht. Hat das mittlerweile rund 50-köpfige Team aus Dietikon bisher von Montag bis Freitag im Tagesbetrieb gearbeitet, ist mit der Umstellung ein Schichtbetrieb eingeführt worden. Neu arbeiten die Teams Montag bis Sonntag in zwei Schichten von sechs Uhr morgens bis elf Uhr abends.

«Natürlich ist das nach wie vor eine grosse Umstellung für uns», sagt Lukas Meier. Er arbeitet seit acht Jahren in der Service-Anlage in Dietikon, ist mittlerweile Schichtleiter und hatte vor Jegan die Leitung in der IH RBL ad interim übernommen. Zudem betreut er fünf Lernende. Er versteht, dass die Kunden die Wochenendarbeit schätzen: «Da wir einen Grund für die Umstellung sehen, ist es auch einfacher, uns darauf einzulassen.» Er ist sich aber auch sicher, dass es noch Zeit braucht, sich aneinander und die neuen Arbeitszeiten zu gewöhnen.

Und was steht im neuen Jahr alles an? «Ich freue mich darauf, das Team stärker zusammenwachsen zu sehen», sagt Jegan Ratnam, der die neu formierte Mannschaft leitet. Indem er seinen Leuten zuhört, den gegenseitigen Austausch fördert und regelmässige Workshops führt, möchte er «seine Jungs» zusammenschweissen. Es werde weiterhin grosse Hürden geben und Zeit brauchen, bis sich alle aneinander gewöhnt haben. Doch einer ist ganz sicher schon mit voller Zustimmung an Bord: «Mir gefällt es super hier. Ich bereue einzig, dass wir die FCB-Flagge in Basel hängen gelassen haben», posaunt Ahmet und steckt mit seinem herzhaften Lachen alle anderen gleich an.