Fahrbahnerneuerung: Kostenoptimierung dank Gesamtsicht

Im Juli startet die Projektorganisation «POWER-FbE» und optimiert vorrangig die Fahrbahnerneuerung. Projektleiter Andreas Zünd erklärt, welche Rolle «Infrastruktur 2.0» dabei spielt und was Fahrbahnerneuerung mit der Müllabfuhr zu tun hat.

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Warum liegt der Fokus von «POWER-FbE» auf der Fahrbahnerneuerung?
Die Fahrbahnerneuerung ist die grösste jährlich wiederkehrende Investition bei SBB Infrastruktur. Kein Wunder, schliesslich ist es ein fortlaufender Prozess – ohne Fahrbahn keine Eisenbahn. Nun gilt es, bis 2025 die jährlichen Kosten für die Fahrbahnerneuerung um insgesamt rund 65 Millionen Franken oder 12 Prozentzu senken.

Wie ist das zu schaffen?
Das Schlüsselwort ist «Gesamtoptimierung». Jedes Jahr erneuern wir rund 230 Kilometer Fahrbahn für ca. 500 Millionen Franken und wickeln das bisher in rund 150 Einzelprojekten ab. Jedes Projekt wird bezüglich Intervalle, Gleisbaumaschinen, Material und Personal individuell geplant und ausgeführt. Das ist aufwändig, änderungsanfällig und hat die Tendenz zu einer negativen Kostenentwicklung. Es wäre nicht zielführend, diese 150 Projekte einzeln zu optimieren. Stattdessen ist der Prozess als Ganzes, über alle Projekte zu betrachten.

Warum ist gerade bei der Fahrbahnerneuerung die Gesamtsicht so wichtig?
Die Kette ist sehr lange. Nehmen wir als Beispiel den Ersatz einer Weiche. Die Kette startet beim Streckeninspektor, der einen Mangel meldet. Dann geht es weiter über den Anlagenverantwortlichen und weitere Zwischenschritte bis zur Planung des Weichenersatzes. Ist das dann einmal geplant, geht es wiederrum über zahlreiche Schritte in die Ausführung. Hier fallen dann auch rund 90 Prozent der Kosten an. Dementsprechend lohnt es sich, die ganze Kette anzuschauen und weit vorne anzusetzen.

Welche Rolle spielt «Infrastruktur 2.0» (I 2.0) dabei?
«End-to-End-Fahrbahnerneuerung» (E2E-FbE) war das Vorgängerprojekt von «POWER-FbE». Hier haben wir den Prozess durchgängig erfasst, die Schwachstellen erkannt und die kostentreibenden Faktoren identifiziert. Dazu gehören beispielsweise viel Papier und Daten, die mehrfach erfasst werden, sowie unklare Verantwortlichkeiten.

In enger Abstimmung mit dem Projekt I 2.0- haben wir den Soll-Prozess grob definiert. Dabei haben wir festgestellt, dass einzelne Teilprozesse in sich ganz gut organisiert sind. Es hakt jedoch beim Zusammenspiel über die ganze Wertekette hinweg. Und hier setzt I 2.0 mit der Prozessorientierung an.

I 2.0 und die Prozessorientierung sparen also die anvisierten 65 Millionen Franken ein?
Nein! Eine prozessorientierte Organisation allein reicht nicht aus, aber sie schafft die Voraussetzungen. Ich sehe I 2.0 als «Werkzeugkasten», und das Projekt POWER-FbE nutzt diese Werkzeuge optimal, um die Leistung effizienter und durchgängiger zu gestalten.

Was ändert nach dem Griff in die «Werkzeugkiste I 2.0»?
Wir wollen weg von der Einzelprojektabwicklung hin zu einem effizienten Produktionssystem. Die Funktionsweise ähnelt dann derjenigen der Müllabfuhr. Stellen wir uns also das Netz der SBB als Stadt vor. Jede Arbeit, die an der Fahrbahn auszuführen ist, können wir mit einem Kehrichtsack vergleichen. Heute rufen wir wegen jedem einzelnem Müllsack die Abfuhr – also die Gleisbaumaschine. Das verursacht Umwege und gelegentlich auch Engpässe. Bis 2026 wollen wir den Bereich Fahrbahnerneuerung wie die Müllabfuhr in einer Stadt organisieren: Sie fährt zu festgelegten Zeiten auf festgelegten Strecken und macht dort regelmässig sauber. Um wieder zur Fahrbahn zurückzukehren: Die Gleisbaumaschinen fahren ihre festen Routen und führen «auf dem Weg» die Arbeiten aus. Die Erneuerungsmassnahmen werden also zyklisch und fortlaufend auf definierten Netzabschnitten umgesetzt.

Hat es auf dem Netz überhaupt Kapazität für eine solche Lösung?
Dieses Produktionssystem soll zu einem integralen Bestandteil des Bahnsystems werden, das abgestimmt mit dem Bahnverkehr disponiert wird und die Verfügbarkeit möglichst wenig beeinflusst. Eine wichtige Voraussetzung hierzu ist die flexible und automatisierte Fahrplanplanung. Die Kollegen von SmartRail 4.0 arbeiten bereits daran und wir wollen es für die Fahrbahnerneuerung maximal nutzen.