Die BIM-Philosophie bei der SBB

Die Erneuerung der Perrondächer des Bahnhofs La Chaux-de-Fonds gehört zu den ersten Projekten, die in das neue BIM-Programm von SBB Infrastruktur aufgenommen wurden. Der Projektleiter Christophe Perroud beantwortet Fragen rund um diese neue «Philosophie».

Lesedauer: 4 Minuten

Christophe, kannst du uns erklären, was BIM ist und weshalb das Projekt in La Chaux-de-Fonds ausgewählt wurde?

Die BIM (oder Building Information Modeling) ist nicht nur eine Software für die 3D-Visualisierung. Hinter diesem Akronym versteckt sich die Notwendigkeit, die entscheidenden Merkmale in Erfahrung zu bringen und zu visualisieren: Niederspannungselemente, metallische Konstruktionen und Vieles mehr. Kurz, alle Informationen, die für den Betrieb und die Instandhaltung der Produkte und Anlagen notwendig sind.

Im Mai 2018 ist das Team I-PJ-BIM in die Romandie gekommen und hat uns gefragt, ob der Einsatz von BIM im Projekt von La Chaux-de-Fonds für die Kompletterneuerung der drei Perrondächer interessant sein könnte. Ich war sofort davon begeistert. Denn damit sollten neue Hilfsmittel eingesetzt werden, die in unserer täglichen Arbeit bald ein absolutes Muss sein werden.

Das Projekt für die Rekonstruktion dieser Perrondächer, die nicht mehr den aktuellen Sicherheitsstandards entsprechen, gibt uns die Möglichkeit, den Mehrwert von BIM für ein traditionelles Bauprojekt mit begrenzter Bahntechnik zu testen.

Die Einführung von BIM bei der SBB steckt noch in den Kinderschuhen und die Test- und Einführungsphase dauert bis 2025. Wir gehörten zu den «Early Adopters» und mussten ohne Benutzerhandbücher oder Arbeitsprozesse auskommen. Wir mussten uns also vortasten, aber das machte das Projekt nur noch spannender. Das ganze Team hat am gleichen Strick gezogen und wir haben alle viel dazugelernt.

Welche Grundsätze gelten für die Umsetzung dieser Philosophie?

Wenn die Ziele für den Einsatz von BIM von Anfang an nicht klar sind, kann man sich schnell verlieren. Wir haben ein externes Büro aus der Region Lausanne herbeigezogen, das uns in diesem Prozess unterstützt, und haben uns dabei drei Ziele gesetzt.

Es ist nicht unbedingt sinnvoll, alles in BIM zu modellieren. Das müssen wir uns immer vor Augen halten. Es ist jedoch wichtig, im Vorfeld darüber nachzudenken, welche Informationen für die Zukunft relevant sind, insbesondere für den Betrieb oder die Erneuerung von Anlagen. Die I-PJ-Teams bauen zwar das BIM-Modell, aber es wird bei der Inbetriebnahme von I-AT übernommen und muss während des gesamten Betriebs auf dem neuesten Stand gehalten werden.

Hier im Video gibt es einen konkreten Blick darauf, wie BIM aussieht.
(Anmerkung der Redaktion: Die deutschen Untertitel zum Video folgen anfangs nächster Woche).

Quelle: SBB CFF FFS

Du hast gesagt, dass du drei Ziele erreichen möchtest. Welche sind diese Ziele und habt ihr es geschafft?

Die Übermittlung der Bauprojektvorlage (PGV) erfolgt auch heute noch auf traditionelle Weise in Papierform. Als Erstes wollten wir sehen, ob mit der Modellierung die für ein PGV erforderlichen Dokumente aus 3D-Modellen generiert werden können. Das hat sich bestätigt. Wir haben sogar festgestellt, dass sich der Arbeitsaufwand in Grenzen hält. Wir mussten lediglich leichte Anpassungen vornehmen, um die 2D-Pläne mit dem PGV kompatibel zu machen.

Ausserdem verfügen viele Schweizer Gemeinden über 3D-Modelle ihres Gebiets. Das ist auch in La Chaux-de-Fonds der Fall. Deshalb wollten wir die Integration des Modells der Perrondächer in das digitale Modell der Stadt testen und damit sicherstellen, dass das Projekt auch von Dritten richtig wahrgenommen wird. Diese Integration ist durchaus möglich.

Und schliesslich unser letztes und ehrgeizigstes Ziel: Die Kontrolle der Raumprofilerfassung sollte automatisch erfolgen. Dank der BIM-Modelle und des Kollisionserkennungstools können Konflikte zwischen identifizierten Elementen erkannt werden.

Die Ziele, die wir uns gesetzt hatten, waren also klar definiert. Wir sind glücklich, dass wir sie erreicht und den Weg dahin gefunden haben.


Und, hat dich BIM überzeugt?

Der Einsatz von BIM für dieses Projekt verursachte zwar einen Mehraufwand, aber die Herausforderungen haben mich fasziniert. Diese Philosophie stellt die täglichen Arbeitsmethoden in Frage und wird die Studienplanung verändern. Die Erfahrung war aber sehr bereichernd. Das Team zeigte sich gegenüber der neuen Methode offen und motiviert. Ein grosses Dankeschön an meine Kollegen!

Es gibt auch eine BIM-Community mit einer Austauschplattform und einem Supportnetzwerk. Die Zahl der Projekte, die diese Methode anwenden, nimmt ständig zu (25 in diesem Jahr, doppelt so viele im nächsten Jahr) und speist damit dieses Netzwerk. Wir sind nicht allein!

Das sind alles gute Gründe, weshalb ich meine heute noch eher skeptischen Kollegen ermutige, BIM eine Chance zu geben!

Bist du interessiert, für dein SBB-Projekt auch die Methode BIM zu verwenden? Dann melde dich bei michal.rubanko@sbb.ch.