Neue Doppelstockzüge der SBB für den Fernverkehr: Bundesgericht heisst Beschwerde der SBB gut.

Die SBB hätte in den neuen Doppelstockzügen – anders als ursprünglich geplant – im Wagen, der an den Speisewagen angrenzt, ein zusätzliches Abteil für mobilitätseingeschränkte Reisende und eine rollstuhlgängige Toilette einbauen sollen. Dazu hatte das Bundesverwaltungsgericht die SBB im April dieses Jahres verpflichtet. Da die SBB den Entscheid nicht nachvollziehen konnte und um unter anderem auch Rechtssicherheit für künftige Beschaffungsprojekte zu erlangen, hat sie daraufhin Beschwerde gegen das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts eingelegt. Das Bundesgericht gibt nun der SBB recht. Das Urteil von heute ist ein wichtiges Signal. Intern wird geprüft, wie der Entscheid noch im Projektverlauf umgesetzt werden kann. Aufgrund der Anpassungen entstehen der SBB zusätzliche Kosten von ca. 10 Mio. Franken.

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Ab Ende 2015 bringen die neuen Doppelstockzüge für den Fernverkehr bis zu 1200 Sitzplätze pro Zug. Bei den 59 Zügen für rund 1,9 Mia. Franken handelt es sich um das grösste Beschaffungsprojekt in der Geschichte der SBB. Obwohl sich die SBB seit Beginn des Projekts mit der Schweizerischen Fachstelle Barrierefreier öffentlicher Verkehr abgestimmt hat, reichten zwei Behindertenorganisationen Beschwerde gegen das ursprüngliche Fahrzeugkonzept ein. Sie forderten einen Lift ins Oberdeck des Speisewagens und ein zusätzliches Abteil für mobilitätseingeschränkte Reisende samt rollstuhlgängiger Toilette im Wagen, der an den Speisewagen angrenzt. Die Beschwerde betrifft 20 Züge der Intercity-Version, die Interregio-Version sieht keine Speisewagen vor. Das Bundesverwaltungsgericht hatte den Einbau des Liftes als unverhältnismässig abgelehnt, die SBB aber verpflichtet, im Wagen neben dem Speisewagen ein zusätzliches Abteil einzubauen, das den Bedürfnissen derjenigen Reisenden entspricht, die wegen ihres Alters oder einer Behinderung eingeschränkt sind. Es sei für Mobilitätseingeschränkte nicht zumutbar, im Abteil im Unterdeck des Speisewagens – das für sie gleichzeitig auch als Speisezone dient – reisen zu müssen, so die Begründung des Gerichtes.

SBB will Rechtssicherheit für künftige Projekte.

Die SBB hatte das Urteil im April 2012 an die nächsthöhere Instanz weitergezogen. Das Unternehmen befürchtete, dass mit dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts Rechtsunsicherheit für zukünftige Fahrzeugbeschaffungen entsteht. Das Bundesamt für Verkehr hatte die Typenskizzen bereits als barrierefrei benutzbar und den Vorgaben des Behindertengleichstellungsgesetzes entsprechend erklärt. Das jetzt durch das Bundesgericht gefällte Urteil ist vor diesem Hintergrund ein wichtiges Signal.

Die SBB hat das ursprünglich geplante Design vorsorglich modifiziert und mit der Umsetzung des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts bereits begonnen. Dies, um keine weiteren Verzögerungen zu riskieren. Nach dem heutigen Entscheid wird nun geprüft, wie dieser im Projektverlauf umgesetzt werden kann. Die Abstimmung mit den Verbänden und das Verfahren haben zu erhöhtem Engineeringaufwand geführt, wodurch zusätzliche Kosten von ca. 10 Mio. Franken entstehen.

Reisen mit Handicap – die SBB setzt sich für Autonomie ein.

Die SBB setzt das Behindertengleichstellungsgesetz aus dem Jahr 2004 um und nimmt dazu laufend Anpassungen beim Rollmaterial, bei der Infrastruktur und bei der Fahrgastinformation vor. 2011 verkehrten im Regionalverkehr auf 45 Strecken Züge mit Niederflureinstieg. Ausserdem sind in immer mehr Bahnhöfen die Perrons so angepasst, dass sie einen stufenfreien Zugang zu den Zügen erlauben. Die SBB bietet Reisenden mit Handicap vergünstigte Fahrausweise an. Über das eigens eingerichtete SBB Call Center Handicap in Brig erhalten Reisende im Rollstuhl, Gehbehinderte, Blinde und Sehbehinderte sowie geistig Behinderte kostenlos Unterstützung beim Ein- und Aussteigen. Im Jahr 2011 organisierte das SBB Call Center Handicap über 120‘000 Einstiegshilfen für in ihrer Mobilität eingeschränkte Kundinnen und Kunden.