Erfolgsfaktoren des Schweizer Bahnsystems: Das öffentliche Verkehrssystem der Schweiz als Modell für Europa.

Seit Januar 2013 liegen die Vorschläge der Europäischen Kommission zum 4. Eisenbahnpaket vor. Ziel der EU-Kommission ist unter anderem eine Harmonisierung technischer Standards, die Trennung zwischen Infrastruktur und Verkehr sowie eine weitgehende Marktöffnung. EU Parlament und Rat beraten derzeit über diesen Vorschlag. Im Rahmen einer Debatte mit acht hochrangigen Vertretern der Europäischen Eisenbahnindustrie, darunter der CEO SBB Andreas Meyer, wurde mit Verkehrskommissar Kallas und anschliessend mit EU Parlamentariern über die Voraussetzungen eines qualitativ hochstehenden öV Angebots diskutiert. Dabei ist sich die Branche einig, dass es kein Standardmodell für alle Bahnsysteme gibt.

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Anlässlich eines Treffens zwischen acht hochrangigen Vertretern europäischer Eisenbahnen und Verkehrskommissar Siim Kallas in Brüssel wurden heute Morgen die Rahmenbedingungen für einen kundenfreundlichen, innovativen und effizienten Eisenbahnsektor in Europa diskutiert. Andreas Meyer, CEO SBB, hatte dabei die Gelegenheit, die Erfolgsfaktoren des schweizerischen öV Systems darzulegen und mit der EU-Kommission einen offenen Dialog über den vorliegenden Vorschlag zum 4. Eisenbahnpaket zu führen.

Der Diskussion mit Kommissar Kallas folgte eine mehrstündige Lunchdebatte im europäischen Parlament auf Einladung des belgischen Parlamentsabgeordneten Saïd El Khadraoui. Nach einer Eröffnungsrede von Prof. Dr. Sebastian Kummer vom Institut für Transportwirtschaft und Logistik der Wirtschaftsuniversität Wien, der die Vorschläge der Kommission insbesondere zur Öffnung der nationalen Eisenbahnmärkte kritisch beurteilte, präsentierten die CEO’s und Industrievertreter die jeweiligen Herausforderungen. Dabei wurden die spezifischen Eigenheiten der einzelnen Transportmärkte herausgehoben und die möglichen Konsequenzen einer weitgehenden Marktöffnung dargelegt sowie alternative Möglichkeiten für eine Verbesserung der Angebotsqualität, der Innovationskraft und Kundenorientierung des Eisenbahnsektors aufgezeigt.

Die Bahnen machten deutlich, dass die Umsetzung der Vorschläge der EU Kommission zur Marktöffnung für kleinere EU Mitgliedstaaten nachteilig bezüglich Qualität und Finanzierung auswirken könnte. Die Rahmenbedingungen seien heute noch nicht gegeben, um einen solchen Schritt zu machen. Andreas Meyer wies darauf hin, dass das Modell Schweiz nicht nur jeweils lobend erwähnt werden sollte. Sondern er erwartet auch, dass die Vorzüge des schweizerischen Systems und die Erfahrungen aus anderen Märkten sorgfältig untersucht werden und in die weiteren Überlegungen einfliessen. Andernfalls besteht die Gefahr von Regulierungen, die nicht im Interesse der Kundinnen und Kunden liegen. In der angeregten Diskussion wurde das schweizerische öV System als Benchmark und Rollenmodell für die europäische Verkehrspolitik genannt. Andreas Meyer nutzte dabei die Gelegenheit, die Erfolgsfaktoren des öV Systems Schweiz mit langfristiger Planung und Finanzierung der Infrastruktur sowie den möglichst einfachen Zugang für die Kunden hervorzuheben.

Aufgrund der kontroversen Haltungen einzelner Mitgliedstaaten wird eine Entscheidung über die effektive Ausgestaltung des 4. Eisenbahnpakets kaum vor 2015 zu erwarten sein. Obwohl die Schweiz nicht EU Mitglied ist, soll aufgrund des Landverkehrabkommens langfristig ein vergleichbarer Rechtsrahmen wie in der EU geschaffen werden. Nach Auffassung der kleinen und mittleren europäischen Bahnen müssen bei diesem Prozess die spezifischen Eigenschaften der jeweiligen Märkte berücksichtigt werden. Die SBB verfolgt die laufenden Entwicklungen rund um das 4. Eisenbahnpaket aufmerksam und setzt sich für eine differenzierte Betrachtung der einzelnen Transportsysteme und deren unterschiedliche Funktionsweise ein.