«Mit der SBB reist man mit gutem Gewissen»

Nachhaltigkeit ist der SBB wichtig. Viel hat sie bereits erreicht. Christina Meier, Leiterin Nachhaltigkeit, erklärt, welche Pflöcke als nächstes eingeschlagen werden, wie die SBB klimaneutral wird – und was ein Biotop am Hauptbahnhof Zürich damit zu tun hat.

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Christina, wie beurteilen die Kundinnen und Kunden die SBB in Sachen ökologischer Nachhaltigkeit? 

Grundsätzlich haben wir ein gutes Image, was die ökologische Nachhaltigkeit angeht. Das Elektroauto aber macht uns Konkurrenz. Im Vergleich mit einem Benzinauto bewerten unsere Kundinnen und Kunden die SBB als viel nachhaltiger. Im Vergleich mit einem Elektroauto ist der Vorsprung der Bahn nach Ansicht der Kundinnen und Kunden nur noch klein, obwohl die Bahn bezüglich Energieeffizienz und CO2-Ausstoss auch dem Elektroauto weit überlegen ist.

Welche Erwartungen haben die Reisenden an die SBB?

Sie fordern vor allem, dass wir erneuerbare Energie nutzen und klimaneutral werden. Eine Umfrage hat ergeben, dass rund 78 Prozent der Ansicht sind, die SBB leiste schon einen Beitrag zur Nachhaltigkeit in der Schweiz.   

Und was macht die SBB, um diesen Forderungen gerecht zu werden? 

Wir wollen 2030 klimaneutral sein. Ab 2025 werden unsere Züge mit 100 Prozent erneuerbarer Energie unterwegs sein. Heute sind es bereits 90 Prozent. Dank der Verkehrsverlagerung auf die Bahn spart die Schweiz jährlich 5 Millionen Tonnen CO2 ein – das ist mehr als ein Zehntel ihrer gesamten Emissionen. Gewisse Dinge, die wir für die Nachhaltigkeit machen, werden aber nicht mit der SBB in Verbindung gebracht – zum Beispiel schaffen und schützen wir Lebensraum für seltene Tiere am Zürich Hauptbahnhof.  

Seltene Tiere am Zürich Hauptbahnhof?

Die Stadt Zürich hat das Gleisfeld des Hauptbahnhofs als Biotop anerkannt. Überall zwischen den Gleisen leben seltene Amphibien, Reptilien und Insekten. Das sind zum Beispiel Gelbbauchunken, blauflügelige Sandschrecken und Mauereidechsen. Zur Wahrung dieser Artenvielfalt platziert die SBB bewusst Steinkörbe, Asthaufen, Tümpel und Grasflächen im Gleisfeld.

Aber die Nachhaltigkeit geht bei der SBB sicher noch weiter... 

Für alles was gebaut wird, müssen wir Ausgleichsmassnahmen treffen. Als Ausgleich für den Eppenbergtunnel wurde beispielsweise der Gretzenbach renaturiert. Dort wurde ebenfalls ein schönes Biotop für die Tiere und Pflanzen geschaffen.

Stichwort Klima: Zum einen möchte die Bahn weniger Energie verwenden, zum anderen im Sommer die Fahrzeuge runterkühlen. Wie soll das gehen?

Das ist eine berechtigte Frage. Tatsache ist: auch ein gekühlter Zug ist umweltfreundlicher als ein Auto. Wenn wir wollen, dass möglichst viele Menschen auf den Zug umsteigen, muss Zugfahren attraktiv sein – zum Beispiel mit angenehmem Klima im Zug. 

Es sollen mehr Menschen Zug fahren. Das ist aber in der Schweiz recht teuer. Ein Europaflug kostet oft weniger als ein Zugbillett in der Schweiz.

Im internationalen Vergleich sind wir als SBB vor allem dann teuer, wenn eine Kundin oder ein Kunde ohne Ermässigungskarte ein Billett kauft. Mit den Abonnementen sind die Reisenden eher günstig unterwegs, vor allem mit der «Flatrate», dem GA. Für Reisende ohne Ermässigungskarte haben wir die Sparbillette lanciert, die es im internationalen und nationalen Verkehr gibt. Im Zug kann man vieles erledigen, was im Auto oder Flugzeug nicht geht – arbeiten, im Internet surfen, schlafen, essen. Wer zum Billigtarif fliegt, muss sich auch der ausgelösten CO2-Emissionen bewusst sein. Mit der SBB reist man mit gutem Gewissen.  

Wieso ist die SBB nicht jetzt schon klimaneutral?

Mit Investitionen in Projekte, die an einem anderen Ort CO2 einsparen, können wir unsere Emissionen kompensieren. Würden wir mehr in solche Projekte investieren, könnten wir uns jetzt schon klimaneutral nennen. Das wäre jedoch «greenwashing» – also eine verschönerte Darstellung unserer Situation. Gewisse Restemissionen werden wir kompensieren müssen nachdem wir, wo es geht, Emissionen senken. Es ist aber ein Unterschied, ob wir all unsere Emissionen auf diese Art verlagern oder nur einen kleinen Teil.

Und wie will die SBB dann bis 2030 klimaneutral sein? 

Wir sparen konsequent Energie und stellen auf erneuerbare Energien um. Die meisten Emissionen, die wir aktuell haben, kommen von Gebäudeheizungen und den Dieselloks der SBB. Die Heizungen passen wir laufend an, jährlich stellen wir 30 bis 50 fossile Heizungen auf nachhaltigere Varianten wie Pellets oder Wärmepumpen um. Wir wollen auch Dieselloks umrüsten und die Strassenflotte elektrifizieren. Erneuerbare Energien kosten zudem weniger als fossile – das unterstützt uns in diesem Prozess.  

Wie will die SBB endliche Ressourcen unendlich nutzen?  

Indem wir recyclen, Materialien anders oder länger nutzen oder auch von Beginn weg weniger Material nutzen. Dies müssen wir schon bei der Beschaffung oder Projektierung im Hinterkopf haben. Ein Beispiel dafür sind alte Fahrleitungsmasten, die wir aufarbeiten und wieder einsetzen. Das spart nicht nur Geld, sondern auch CO2! 

Als Leiterin Nachhaltigkeit bei der SBB kannst du Einfluss nehmen auf den ökologischen Fussabdruck der SBB. Wie hältst du deinen persönlichen Fussabdruck möglichst klein?

Bei den Lebensmitteln kaufe ich, wenn immer vorhanden, Bioprodukte. Zu Hause heize ich nie wärmer als 20 Grad – dann muss ich halt mal einen Pulli mehr anziehen. Wann immer ich kann, nutze ich den öV oder das Velo. Wenns dann doch mal das Auto sein muss, benutze ich mein Elektroauto. Zu guter Letzt investiere ich in nachhaltige Projekte, um meine Emissionen zu kompensieren.

Und wo geht deine erste Reise nach Corona hin? 

Da muss ich nicht lange überlegen. Ich fahre mit dem Zug nach Paris! 

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