Untypische Häufung von Ereignissen auf dem Schienennetz: SBB nimmt Unfälle genau unter die Lupe.

In den letzten Wochen ereignete sich auf dem Netz der SBB eine ungewöhnliche Häufung von Zwischenfällen. Dabei lässt sich nach ersten Erkenntnissen weder ein systematisches Muster für die Ursachen noch ein Zusammenhang erkennen. Die SBB baut auf ein langfristig angelegtes, umfassendes Sicherheitsprogramm und setzt alles daran, die Sicherheit weiter zu erhöhen. Sie analysiert jeden Fall detailliert, überprüft die Wirksamkeit der bereits eingeleiteten Massnahmen und setzt bei neuen Erkenntnissen zusätzliche Massnahmen um.

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Seit Anfang Jahr ereigneten sich auf dem SBB-Netz zehn Rangier- und Zugunfälle. Schwerstes Ereignis war ein Unglück mit zwei Regionalzügen in Neuhausen SH, wo 26 verletzte Personen zu beklagen waren. Der letzte Unfall ereignete sich am vergangenen Freitag, als eine Rangierlokomotive in Cossonay VD auf einem Stumpengleis nicht zum Stillstand kam und in einen Bach rollte. Die beiden Lokführer einer externen Firma mussten zur Abklärung ins Spital. Bei den übrigen Zwischenfällen entstand glücklicherweise lediglich Sachschaden. Diese hatten jedoch zum Teil massive betriebliche Auswirkungen. «Das war für unsere Kundinnen und Kunden mit unangenehmen Umtrieben und Verspätungen verbunden. Wir bedauern diese Häufung von Ereignissen und bitten unsere Kunden um Entschuldigung», sagte Philippe Gauderon, Mitglied der Konzernleitung SBB und Leiter Infrastruktur, am Montag in Bern.

Er trat zusammen mit dem Sicherheitschef der SBB vor die Medien, um Fragen zur Häufung der Ereignisse zu erörtern und über den Stand der Abklärungen zu informieren. «Wir haben eine systematische, langfristig angelegte Sicherheitsstrategie und ein Massnahmenprogramm. Wir tun alles, um die Sicherheit weiter zu erhöhen. Dazu diskutieren wir die Analyse der Unfälle auf höchster Stufe, prüfen die Wirksamkeit der bereits eingeleiteten Massnahmen und klären, ob diese ergänzt werden müssen», betonte Hans Vogt, Leiter Sicherheit der SBB . Obschon die Untersuchungen zum Teil noch im Gang sind, weisen die ersten Erkenntnisse auf keinen Zusammenhang zwischen den Ereignissen hin. «Objektiv betrachtet liegt kein Muster vor, das auf systematische Probleme hindeutet. Wir verstehen jedoch, dass diese untypische Folge von Zwischenfällen Fragen nach der Sicherheit aufwirft, die wir sehr ernst nehmen», unterstrich Gauderon.

Die SBB arbeitet mit einem strategischen, unternehmensweiten Sicherheitsprogramm laufend an der Erhöhung der Sicherheit. Die Strategie berücksichtigt die zukünfige Verkehrsentwicklung und wird alle vier Jahre aktualisiert, letztmals 2012. Schwerpunkte sind eine ausgeprägte Sicherheitskultur, technische Massnahmen, die Zuverlässigkeit sicherheitsrelevanter Prozesse, ein sicherer Zugang zur Bahn für die Reisenden , Innovationen und die Einhaltung Sicherheitsregeln bei Änderungen. Auch der Zustand der Infrastruktur und der Nachholbedarf beim Unterhalt sind adressiert, auf Basis der Erkenntnisse aus dem schweizweiten Netzaudit. Die SBB erhöht die Qualität der Infrastruktur systematisch.

SBB zieht Lehren aus den Zwischenfällen

Ausbau moderner Sicherungsanlagen in vollem Gang

Im Rahmen dieser technologischen Erneuerung engagierte sich die SBB in den vergangenen Jahren stark dafür, dass die bestehenden, gut funktionierenden Sicherungssysteme an kritischen Stellen zusätzlich mit einer Geschwindigkeitsüberwachung ergänzt werden. Die SBB hat Ende 2011 entschieden, weitere 50 Millionen Franken zu investieren, um die Zahl der Signale mit Geschwindigkeitsüberwachung (ZUB) von heute 3200 auf 4900 zu erhöhen. ZUB stoppt einen Zug, bevor er ein Halt zeigendes Signal passieren kann. Damit lässt sich das Sicherheitsniveau mittelfristig trotz Mehrverkehr weiter steigern und das Restrisiko nochmals senken. Aufgrund vorrausschauender Risikoeinschätzungen hat die SBB in den letzten Jahre darüber hinaus ein Netz von stationären Anlagen zur Überwachung fahrender Züge installiert. Im Einsatz von automatischen Zugkontrolleinrichtungen (ZKE) ist die Schweiz weltweit führend. Bei SBB und BLS sind derzeit 138 ZKE-Anlagen in Betrieb. Die ZKE-Anlagen erkennen technische Mängel, bevor diese auf dem Schienennetz zu einem Ereignis führen können.

Hinzu kommt die Überwachung des Netzes durch erfahrene Streckeninspektoren, welche das Schienennetz der SBB – über 3000 Kilometer – alle 14 Tage komplett abschreiten und kontrollieren. Überdies untersuchen Diagnosefahrzeuge mit modernster Messtechnik die SBB Infrastruktur, sprich Schotterbett, Gleise, Fahrleitungen und Tunnel, fortlaufend auf mögliche Unregelmässigkeiten.

Sicherheit als Priorität auf allen Stufen