Für die SBB sind Ausbauten zwingend notwendig

Verschiedene Medien berichteten in den letzten Monaten über den Bahnausbau und seine Grenzen, ausgehend von einem Referat des ehemaligen SBB CEO Benedikt Weibel im Verkehrshaus Luzern. Die SBB ist überzeugt: Die Bahn hat Zukunft. Wichtig ist, dass der Kundennutzen dabei im Zentrum steht und nicht der Infrastrukturausbau.

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Update 24. August 2024

Die SonntagsZeitung macht ein SBB-internes Dokument publik. Es handelt sich dabei um eine persönliche Einschätzung eines Mitarbeitenden. Dieser hat eine Analyse mit den öffentlichen Daten des Bundes gemacht. Die Analyse erfolgte nach der Botschaft des Zahlungsrahmens der Leistungsvereinbarung mit dem Bund Mitte Mai 2024. Aus Sicht der SBB sind die Analyse und die Schlussfolgerungen nicht korrekt. Das Dokument wurde intern zurückgewiesen. Das Dokument zeigt weder die Realität, noch entspricht es der Haltung der SBB.

Die SBB bringt sich im Rahmen der Vernehmlassungen ein, auch konkret zu einzelnen Projekten. Diese Stellungnahmen sind öffentlich zugänglich. Die weitere Bewertung der Projekte ist nicht Aufgabe der SBB. Das ist auch gesetzlich so festgehalten.

Die konsistente Haltung der SBB: Allein durch das Bevölkerungswachstum nimmt der Bedarf an Kapazitäten ständig zu. Für die SBB sind weitere Ausbauten notwendig, um das Bahnsystem als Ganzes weiterzuentwickeln; dort wo am meisten Kundennutzen entsteht. Ein gut unterhaltenes Eisenbahnnetz ist die Basis dafür.

Update 19. August 2024

Der Artikel der SonntagsZeitung vom 18. August 2024 erweckt den Eindruck, dass sich die SBB gegen Ausbauprojekte im Umfang von 7 Milliarden CHF ausgesprochen habe. Das ist falsch. Die SBB hält weitere Ausbauten für zwingend notwendig, um den Bahnverkehr auch in Zukunft sicherzustellen. Sie hat verschiedentlich auf den Erhalt der Leistungsfähigkeit durch regelmässigen Unterhalt hingewiesen. Zusätzlich ist es aus Sicht SBB wichtig, Massnahmen zur Kapazitätserhöhung dort umzusetzen, wo möglichst viele Reisende davon profitieren können.

In einem Hintergrundgespräch im Juli erläuterte die SBB Fahrplanchefin Daria Martinoni, dass die von der Gruppe Weibel/Morf prognostizierten 25 Prozent Mehrverkehr auf dem aktuellen Netz auf unrealistischen Annahmen beruhen, die nicht mit der tatsächlichen Bahnrealität übereinstimmen. Entgegen der Aussage der SonntagsZeitung haben sich die Fahrplanspezialist:innen der SBB mehrfach mit der Gruppe um Morf getroffen. Daria Martinoni betonte die Notwendigkeit, die Diskussion auf den künftigen Kundennutzen anstatt auf die Infrastrukturen zu fokussieren. Daher ist es wichtig, zunächst Fahrplankonzepte zu entwickeln und anschliessend Ausbauprojekte umzusetzen. Bei den Projekten in den Botschaften des Bundesrats ist dies der Fall. Der Journalist hat jedoch zusätzliche Projekte betrachtet, die das Parlament darüber hinaus beschlossen hat und bei denen keine Fahrplankonzepte hinterlegt sind. Dadurch entstand der falsche Eindruck, dass sich die SBB gegen diese Projekte ausspricht.

Update 22. Juli 2024

Daria Martinoni, Leiterin Fahrplan bei SBB Infrastruktur, hat ausgewählten Medien in einem Hintergrundgespräch erklärt, wie die SBB plant: «Auch die SBB will mehr aus der bestehenden Bahninfrastruktur herausholen. Für einen stabilen Fahrplan, der auch in der Realität funktioniert, braucht es jedoch Reserven. Und der laufende Ausbau wird für die Bahn einen grossen Sprung bedeuten.» Die erschienenen Artikel finden sich unter Downloads.

Text vom 7. Juni 2024

Angesprochen darauf hat SBB Chef Vincent Ducrot gestern am Swiss Economic Forum gegenüber SRF-Interviewer Reto Lipp, eco, wie folgt geantwortet. «Nein, ich sehe es nicht gleich wie Benedikt Weibel.» Natürlich sei klar, dass nicht alle Ausbauwünsche umsetzbar seien. «Aus Sicht der SBB ist es zentral, dass wir über den künftigen Kundennutzen und nicht nur über den Infrastrukturausbau diskutieren.» Und am Ende entscheide das Parlament über den Bahnausbau. Zudem betont er: «Ein künftig viel flexiblerer Fahrplan ist für die Überlegungen zur Zukunft der Bahn fundamental.»

Die Aussagen von Benedikt Weibel fussten auf Arbeiten von Philipp Morf, einem ehemaligen Angebotsplaner der SBB. Diese Arbeiten enthalten gute Ideen für die Weiterentwicklung des Fahrplans, sind aber nicht ausreichend geprüft und wären so in der Praxis nicht umsetzbar. Zum Beispiel sind nicht genügend Fahrzeitreserven eingeplant, um den Fahrplan stabil zu produzieren.

Auf LinkedIn ordnete VöV Direktor Ueli Stückelberger die Diskussion so ein: «Die SBB machen einen Superjob. Die SBB sind nicht die DB.» Und weiter mit ironischem Unterton: Die Schweiz ist wohl das Land mit den meisten Bahnexperten. Die SBB und die ganze ÖV Branche sei ständig daran, Verbesserungen zu erzielen. Beispiele seien das wachsende Angebot und neue Direktzüge. Um zuverlässig und pünktlich fahren zu können, seien Reserven einzuplanen.

Verkehrspolitiker:innen reagieren auf die Forderung von Benedikt Weibel mit diesem Grundtenor: «Die Forderung schiesst über das Ziel hinaus.» Es gelte, Augenmass zu wahren. Gut unterhaltene Infrastrukturen seien der Schlüssel für den Erfolg des öffentlichen Verkehrs, trotzdem brauche es auch in Zukunft bessere Angebote durch gezielte, weitere Ausbauten.

Die SBB beschäftigt sich seit längerem mit der Zukunft der Bahn. Im März 2024, anlässlich der Jahresmedienkonferenz, haben Verwaltungsratspräsidentin Monika Ribar und CEO Vincent Ducrot einer Standortbestimmung unser langfristiges Zielbild für die Bahn präsentiert. Die Kurzformel dazu ist: Die SBB Züge fahren sicher, sauber, pünktlich und künftig auch flexibler, häufiger, schneller.

Folgende Punkte sind der SBB in Bezug auf den Bahnausbau wichtig:

  1. Bahn hat Zukunft: Wir sind überzeugt, Bahn hat Zukunft. Aus unserer Sicht ist es zentral, dass wir über den künftigen Kundennutzen und nicht über die Infrastrukturen diskutieren.

  2. In die Bahn investieren – am richtigen Ort und auf die richtige Art: Wir müssen weiterhin in die Bahn investieren, beginnend mit dem Unterhalt, denn so bleibt die Bahn weiterhin leistungsfähig. Zusätzlich braucht es auch Massnahmen, um die Kapazität zu erhöhen. Und zwar dort, wo möglichst viele Reisende davon profitieren.

  3. Chancen der Digitalisierung packen: Dank der Digitalisierung werden wir mittelfristig deutlich mehr aus dem Bahnnetz herausholen und flexibler auf die Bedürfnisse der Reisenden reagieren. Unser Ansatz: eine netzweite, integrierte Planung über die vier Angebotsebenen (von der internationalen, über die nationale, bis zur regionalen und lokalen Ebene). Die Bahn muss dort eingesetzt werden, wo sie stark ist: Auf mittleren und langen Distanzen.