Fall Rastatt: Das machen wir künftig besser

Die SBB hat schon seit über zehn Jahren ein Notfall- und Krisenmanagement. Nun gibt es ein ähnliches auch grenzübergreifend mit den Nachbarbahnen. Dass dies nötig ist, zeigte sich insbesondere 2017 beim Streckenunterbruch in Rastatt. Dieser hatte vor allem den Güterverkehr empfindlich getroffen.

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Die SBB und die Deutsche Bahn (DB) übernahmen nach dem Unterbruch, der vom 12. August bis zum 2. Oktober 2017 andauerte, die Initiative, die Branche für die Zukunft besser aufzustellen. Nun liegen neue Absichtserklärungen zwischen der SBB und anderen Bahnen vor, sowie ein Handbuch für internationales Notfallmanagement. Die wichtigsten Fragen und Antworten dazu beantwortet Reto Lanz, Leiter Betriebsplanung und Bahnproduktion, der daran mitgearbeitet hat:

Wenn es heute am selben Ort wieder eine Streckensperrung geben sollte, was wäre mit dem neuen Notfallmanagement besser?

Der grenzüberschreitende Betrieb könnte heute schneller als damals – es dauerte 12 Tage im Güterverkehr – über Umleitungsstrecken wieder aufgenommen werden, da wir die Abläufe dafür seither festgelegt haben. Wir haben geregelt, wie die europäischen Bahnen im Ereignisfall zusammenarbeiten sollen und wer wofür zuständig ist.

Was heisst das konkret?

Wir haben verschiedene einzelne Massnahmen ausgearbeitet, die dazu beitragen. Konkret bedeutet das im Ereignisfall beispielsweise, dass wir Telefonkonferenzen zwischen den beteiligten Bahnen der Nachbarländer schneller aufbauen können, weil diese Abläufe institutionalisiert und die Kontakte aufgebaut wurden. Auch die Sprachbarrieren, die es letztes Jahr gab, werden verringert, indem neu rund um die Uhr ein Disponent mit Englischkenntnissen in allen nationalen Netzleitungszentralen anwesend sein wird. In den nächsten Wochen wird ausserdem noch die Umleitungsplanung für den Rhein-Alpen-Korridor abgeschlossen. Zusätzlich hat die DB am Badischen Bahnhof neuerdings Einblick in das Dispositionssystem der SBB und kann dadurch besser vorausschauen. Neu vereinfacht uns auch eine Software das Disponieren der internationalen Güterzüge bei Unterbrüchen. Zudem tauschen wir uns mehrmals jährlich mit den Bahnen der Nachbarländer, insbesondere mit der DB, über die grössten Baustellen aus, sodass wir einander damit nicht in die Quere kommen.

Während der Störung hatte SBB CEO Andreas Meyer die Initiative ergriffen und seine Kollegen der angrenzenden Bahnen zusammengerufen. Damals sagte er, es gehe jetzt darum, „die Stärken der integrierten Bahn zu spielen“ – Hat das funktioniert?

Definitiv! Wir haben mehrmals gemerkt, dass es gerade für einen solch komplexen Fall viel einfacher ist, wenn alle Beteiligten unter einem Dach vereint sind.
Beispielsweise als es darum ging, kurzfristig mehr Kapazität für den Güterverkehr zu schaffen, war es praktisch, dass die Divisionen regelmässig am selben Tisch sitzen. Wir konnten das innerhalb einer Sitzung regeln. Bei den Kollegen im Ausland dauert es bedeutend länger bis eine solche Massnahme umgesetzt ist, wenn es denn überhaupt möglich ist. Bei der integrierten Bahn wie bei uns, kennen sich die Partner, vertrauen sich und haben im Ereignisfall das gleiche Ziel.

Sichern uns Handbuch und Absichtserklärungen nun die stabile Zusammenarbeit im internationalen Verkehr oder braucht es noch weitere Anstrengungen?

Wir haben damit einen ersten grossen Schritt gemacht. Das Handbuch dient für langfristige Störungen, soll noch weitere Jahre eingesetzt und weiterentwickelt werden. Analog zum erarbeiteten Handbuch wollen wir nun auch noch ein Handbuch erarbeiten, das für Störungen dient, die weniger als drei Tage dauern. Die Arbeiten dazu beginnen noch in diesem Jahr und die SBB wird erneut stark involviert und prägend mitwirken.

Fall Rastatt: Enorme Auswirkungen auf den Güterverkehr

Die Sperrung bei Rastatt hat vor allem den Schienengüterverkehr empfindlich getroffen. Zwischen Nordeuropa und Italien hat der Güterverkehr einen Marktanteil von 70 Prozent, weshalb der Unterbruch für SBB Cargo eine grosse Belastung war. Zwischenzeitlich konnten nur rund 20 Prozent der normalen Mengen bewältigt werden. Auch der Binnenverkehr war durch die Sperrung stark beeinträchtigt. Dies primär durch den Verlust der Hauptachse für die Import/Export-Verkehre. Indirekt auch, weil durch die alternativen Routen, die SBB Cargo fahren musste, Lokpersonal und Loks für den Raum Schweiz fehlten.Durch die alternativen Routen, die SBB Cargo fahren musste, fehlte es an Lokpersonal sowie Rollmaterial für die Schweiz. Bei der SBB und ihren Tochtergesellschaften ist ein Umsatzverlust von insgesamt rund 26,5 Millionen Franken entstanden. „Aus unserer Sicht ist Eein Konzept zur raschen Notfallintervention ist daher zwingend“, sagt Nicolas Perrin, CEO von SBB Cargo. Und fügt an: „So ein Vorfall darf sich keinesfalls wiederholen.“