Claudio Pellettieri leitet den Bereich Zugführung und Rangier beim Personenverkehr. Er kennt die aktuelle Situation beim Lokpersonal und auch die Perspektiven dieses Berufes. «SBB News» fragt nach.
Laut Medienberichten fehlen der SBB für die nächsten Jahre rund 1000 Lokführerinnen und Lokführer. Was ist da dran?
Es ist so, dass die geburtsstarken Jahrgänge nun in das Pensionierungsalter kommen. Dies bedingt, dass wir diese auch ersetzen. Auch die Verkehrsentwicklung verlangt, dass wir in den nächsten Jahren weiteres Lokpersonal anstellen. Das heisst, wir brauchen mehr Lokführerinnen und Lokführer als heute. Die Fluktuation ist eher tief aber das ist in den Zahlen bereits einkalkuliert. Bis 2024 gehen wir von einem zusätzlichen Bedarf von rund 900 Lokführer aus. Im Klartext: der SBB fehlen nicht heute 900 Lokführerinnen und Lokführer!
Vor allem in Spitzenzeiten wird die Situation immer wieder prekär. Weshalb kann das nicht besser geplant werden?
Wir planen den Bestand über das ganze Jahr und hat so haben wir einen geglätteten Bedarf, auf welchem die Planung basiert. Nur fallen die Leistungen saisonal unterschiedlich an. Auch wenn wir versuchen, dies in der Planung entsprechend einzuplanen und zu berücksichtigen, ist es leider unumgänglich, dass wir in gewissen Monaten auf die zusätzliche Bereitschaft des Lokpersonals zählen müssen. Dies funktioniert heute gut.
Bietet der Lokführerberuf auch langfristig eine gute Perspektive?
Wir werden immer wieder gefragt, ob es den Lokführerberuf in drei bis vier Jahren noch geben wird. Es ist so, dass der Beruf sich sicherlich verändern wird. Mit der technologischen Veränderung wird es neue Systeme geben. Es wird so sein, dass der Lokführer weiter unterstützt wird in den Abläufen seiner täglichen Arbeit. Auch das Führen des Zuges wird durch Sicherheitssysteme noch ergänzt, aber wir werden auch noch für viele Jahre weiterhin Lokpersonal brauchen. Mit der zunehmenden Digitalisierung und den Möglichkeiten, die sich daraus ergeben, wird sich auch der Lokführerberuf verändern. Die Ausbildung wird auf diese Entwicklung ausgerichtet sein. Wir werden unsere Mitarbeitenden, die den Lokführerberuf auswählen entsprechend schulen, sie vorbereiten, sie weiterbilden und sicherstellen, dass sie mit der technologischen Entwicklung mitgehen können und auch die neuen Systeme beherrschen. Das bringt ganz neue Chancen und es wird auch weiterhin so sein, dass der Lokführer vorne drinsitzt. Er wird auch zukünftig für das Führen der Züge verantwortlich sein und sicherstellen, dass unsere Kunden sicher und pünktlich am Zielort ankommen.
Wird die SBB auch in Zukunft in Deutschland oder in anderen EU-Ländern Lokführer rekrutieren?
Der Hauptfokus ist und bleibt die Schweiz. Dies heisst aber nicht, dass die SBB in den Grenzregionen nicht auch Kolleginnen und Kollegen aus dem angrenzenden Ausland rekrutieren können.
Benötigte Lokführerinnen und Lokführer in den nächsten Jahren:
2019: Bestand 90 plus 35 = 125
2020: Bestand 100 plus 35 = 135
2021: Bestand 110 plus 35 = 145
2022: Bestand 120 plus 35 = 155
2023: Bestand 130 plus 35 = 165
2024: Bestand 140 plus 35 = 175