Markus Jordi: «Wir müssen die Organisation verschnaufen lassen»

Die SBB steht aktuell öffentlich in der Kritik. Es ist die Rede von einer «Vertrauenskrise». «Den Bähnlern reicht es», so der Tages-Anzeiger. CEO Andreas Meyer hat seinen Rücktritt angekündigt und die PEMO steht kurz bevor. Markus Jordi, Personalchef der SBB, beantwortet Fragen zur aktuellen Lage.

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Markus, wie schätzt du die Situation ein?

Ich empfinde die aktuelle Situation als anspruchsvoll. Die Medienberichte der letzten Wochen und Monate heizen sie zusätzlich auf. Das macht mir Sorgen.

Worauf führst du das zurück?

Der tragische Unfall vom 4. August hat das Fass für viele Kolleginnen und Kollegen zum Überlaufen gebracht. Die unzähligen Reorganisationen stecken vielen Mitarbeitenden in den Knochen. Die Betriebslage ist anspruchsvoll. Wir haben Ressourcenprobleme beim Rollmaterial und bei einzelnen Personalkategorien sowie überdurchschnittlich viele Baustellen und Sonderzüge. Ich kann die Frustration als Resultat dieser Häufung nachvollziehen.

Das tönt fast, als ob überall der Wurm drin ist?

Nein, wir haben auch viel erreicht: mehr als 1900 Extrazüge, täglich 1,29 Millionen Reisende, über drei Millionen Reisende mit Halbtax- oder Generalabonnement und wir konnten wichtige Weichen stellen bei der Fernverkehrskonzession wie auch bei der Partnerschaftsstrategie von Cargo. Das ist eine ausserordentliche Leistung, für die ich allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ein grosses Merci ausspreche.

Die Konzernleitung und das Kader überlegen sich seit Jahren Massnahmen. Weshalb gelingt es nicht, die Kluft zwischen Management und Basis zu schliessen?

Die Distanz zwischen den Mitarbeitenden und der SBB Leitung ist spürbar und wurde in der letzten Zeit eher grösser. Wir wissen, dass wir den Sinn und die Hintergründe der Veränderungen verständlicher und nachvollziehbarer vermitteln und auch besser zuhören müssen. Das ist für uns nicht neu, aber es gelingt uns schlicht zu wenig. Vielleicht müssen wir uns hier tatsächlich auch mehr an unseren Sozialpartnern orientieren: Sie sind in ihrer Sprache näher bei den Mitarbeitenden.

Wie konnte es so weit kommen?

In den letzten Jahren haben wir sehr schnell, sehr viel verändert. Verständlich, dass man kaum noch nachvollziehen kann, weshalb und in welchem Tempo wir Dinge ändern und anpacken. Dass dabei «Bahn im Griff» für uns zentral ist, haben wir in der Vergangenheit auch nicht immer klar genug ausgesprochen und gezeigt. Klar sind diese Veränderungen notwendig und das Tempo ist teilweise von aussen getrieben. Trotz allem – und «das schleckt keine Geiss weg»: Die Einführung von Grossprojekten muss uns auf Anhieb besser gelingen.

Damit ist es nicht getan, oder?

Nein, absolut nicht. Wir haben unser Ziel nicht erreicht, wenn wir nur die Mitarbeitenden der Zentrale mitnehmen. Wichtig beziehungsweise noch viel wichtiger ist es, dass wir näher an die Basis kommen, unsere Entscheidungen erklären, uns direkt austauschen aber auch direkt Rückmeldungen erhalten. Auch wichtig: Wir müssen Rückmeldungen unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter noch ernster nehmen, etwas daraus machen und dann auch Feedback geben.

Wie wollen du und die Konzernleitung das Vertrauen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zurückgewinnen? Was tut ihr konkret dafür?

Mir persönlich ist wichtig, dass wir besser auf unsere Mitarbeitenden hören, uns auch kritischen Stimmen stellen und einen guten Austausch pflegen. Wir müssen – und da sind wir uns einig – Druck und Tempo rausnehmen und die Organisation «verschnaufen» lassen. Bekannte Problemfelder müssen wir möglichst rasch beheben. Ich will auch, dass wir in der Kommunikation weniger schönreden. Wenn etwas nicht gut läuft, müssen wir dazu stehen und verständlich erklären, wie wir die Dinge angehen. Punkt. Schluss.

PEMO 2019 startet bald

Die Personalmotivationsumfrage (PEMO) 2019 findet vom 30. September bis am 18. Oktober 2019 statt. Mit der Personalumfrage werden alle Mitarbeitenden zu ihrer Motivation, ihrer Zufriedenheit und ihrem Engagement befragt. Auch die Mitarbeitenden der Konzerngesellschaft SBB Cargo werden mit der PEMO befragt. Die externe und unabhängige Firma empiricon AG führt die Personalumfrage im Auftrag der SBB durch. Sie gewährleistet absolute Vertraulichkeit im Umgang mit den erfassten Daten. Datenbasis für die Personalmotivationsumfrage bildet der Systemauszug vom 31. August 2019. Das bedeutet, dein Feedback zählt zu derjenigen Organisationseinheit, der du am 31. August 2019 zugehörig warst. Die Teamauswertungen erhalten alle Teams ab fünf Teilnehmenden. Auch mit fünf Teilnehmenden ist die Anonymität der einzelnen Teilnehmenden weiterhin sichergestellt. Die Personalkommission unterstützt die Mitarbeitenden bei allfälligen Fragen. Der Fragebogen wird in elf Sprachen zur Verfügung gestellt. Weitere Informationen findest du im Intranet unter dem Stichwort «Personalumfrage».