Zwischenfall in Bern: SBB weitet Massnahmen an Türen aus

Wie die SBB informierte, ist ein Reisender am 1. März in Bern beim Versuch, in einen abfahrbereiten Zug einzusteigen, an der Hand verletzt worden. Die Sicherheitsuntersuchungsstelle spricht nun in ihrem Zwischenbericht zum Fall Empfehlungen aus. Die SBB hat Massnahmen bereits eingeleitet.

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Wie die SBB kürzlich bekannt gab, ereignete sich am 1. März 2020 kurz nach 1 Uhr morgens in Bern ein Zwischenfall mit einem Reisenden. Dieser wollte nach der Abfertigung durch die Kundenbegleiter in den Intercity nach Interlaken einsteigen. Er versuchte, die sich schliessende Türe mit der Hand aufzuhalten. Dabei wurde seine Hand eingeklemmt. Die Türe öffnete sich nicht mehr. Die Türkontrolllampe zeigte dem Lokführer im Führerstand an, dass alle Einstiegstüren geschlossen sind. Als sich der Zug in Bewegung setzte, rannte der Reisende rund 45 Meter neben dem Zug her, bis er sich zum Glück selber befreien konnte. Der Mann erlitt eine Prellung an den Fingern.

Einklemmschutz funktionierte nicht gemäss Vorgaben

Die SBB bedauert diesen Zwischenfall und leitete eine interne Untersuchung ein, das Bundesamt für Verkehr (BAV) und die Schweizerische Sicherheitsuntersuchungsstelle (SUST) wurden umgehend informiert.

Die SUST hat nun ihren Zwischenbericht veröffentlicht: Bei der Prüfung der betroffenen Einstiegstür zeigte sich, dass der Einklemmschutz nicht vorschriftsgemäss funktionierte. Die SUST hält fest, dass das Einklemmen von schmalen Körperteilen bei älteren Wagentypen konstruktionsbedingt bei jedem Schliessvorgang möglich ist. Aus diesem Grund werden die Reisenden vor dem Schliessen der Türen durch die Kundenbegleiter mit einem Achtungspfiff gewarnt.

Zudem war die Türe im Rahmen der Sonderkontrolle im Oktober 2019 mit einem neuen Einklemmschutzgummi ausgerüstet worden. Das Material entspricht zwar den Normen, ist aber deutlich härter als das bisher verwendete und erschwert das Herausziehen einer eingeklemmten Hand. Das Gummiprofil war im Rahmen der Sonderkontrolle bei insgesamt 150 Türen bei den IC-Steuerwagen und Eurocity-Wagen eingesetzt worden. Die betroffene Türe wurde letztmals Ende Februar 2020 in einer Serviceanlage der SBB geprüft.

SBB tauscht Gummiprofile aus

Vor diesem Hintergrund hat die SUST zwei Sicherheitsempfehlungen ausgesprochen: Die bei insgesamt 150 Türen verwendeten härteren Gummis sollen getauscht werden, die entsprechenden Arbeiten sind bereits in Gang. Zudem soll das Einklemmschutzsystem bei den älteren Wagentypen ersetzt werden, damit künftig auch ein Einklemmen von Händen verhindert wird. Inzwischen hat das BAV die Empfehlungen der SUST in einer Verfügung als Massnahmen festgehalten. Die SBB wird diese Massnahmen umsetzen. 

Die Gummiprofile werden bis spätestens Ende Juli ersetzt. Wie bereits bekannt, wird im Rahmen des Programms «Sicuro!» das Türsystem der EW-IV-Fahrzeuge bis 2023 ersetzt. Die SBB wird diese Anpassungen auch auf die Wagen des Typs EC und IC Bt4 ausweiten. Die SBB unterbreitet dem Bundesamt für Verkehr bis Ende Mai einen Zeitplan, bis wann dies möglich ist.

Grundsätzlich bittet die SBB Reisende, auf keinen Fall nach dem Achtungspfiff des Kundenbegleiters eine sich schliessende Türe aufzuhalten. Bei der SBB hat Sicherheit oberste Priorität. Ein Restrisiko kann trotzdem nicht ausgeschlossen werden.

Nach Unfall in Baden: SBB hat BAV-Auflagen formell erfüllt

Das BAV teilte der SBB kürzlich mit, dass die Erfüllung der Auflagen aus dem Unfall in Baden formell abgeschlossen ist. Konkret sind damit alle Anweisungen erledigt, die sich aus der Verfügung des Bundesamtes ergeben haben – verschiedene Massnahmen sind noch in der Umsetzung, unter anderem die erwähnte Modernisierung der Türen bei den EW IV. Ebenfalls angegangen werden die Empfehlungen aus dem externen Audit zur Instandhaltung und zur Überprüfung des Meldesystems.