Mathematik verhilft den Zügen zu mehr Pünktlichkeit

Mit Algorithmen will die SBB ihren Bahnverkehr noch pünktlicher und energieschonender machen. Thomas Graffagnino ist der geistige Vater der optimierten Fahrgeschwindigkeit vPRO. Über einen Mathematiker, der mit seinen Berechnungen den Fahrplan von morgen gestaltet.

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Mehr als 90 Prozent der Personenverkehrszüge der SBB erreichen ihre Ziele ohne Verspätungen – sprich sie sind gemäss dem Fahrplan unterwegs. Damit die Züge in Zukunft noch pünktlicher fahren, konzipierte Thomas Graffagnino die dafür notwendigen Algorithmen. Er ist Teil eines multidisziplinäres 15-köpfigen Teams, das im Projekt eco2.0 arbeitet. Unter anderem wird den Lokführerinnen und Lokführern neu die optimierte Fahrgeschwindigkeit vPRO angezeigt: Eine Empfehlung, damit sie bei pünktlicher Abfahrt auch pünktlich – also weder zu früh noch zu spät – am nächsten Bahnhof eintreffen.

Thomas ist Mathematiker und arbeitet seit 20 Jahren bei der SBB. «Ich konzipierte die Algorithmen, welche die Fahrplan- und Geschwindigkeitsinformationen automatisiert kombinieren und optimieren», erklärt Thomas. Die grösste Herausforderung bestand darin, die optimierte Fahrgeschwindigkeit der Züge mit den existierenden Daten genügend schnell zu berechnen. Denn die Lokführer erhalten diese präzisen Informationen direkt in den Führerstand und wählen damit eine passende Fahrstrategie. Stehen diese neuen Informationen nicht zur Verfügung, müssen die Lokführer die Geschwindigkeiten gemäss ihrer Erfahrung fahren.

Energiesparend und pünktlich unterwegs dank Algorithmen

Besonders stolz ist Thomas auf seine Algorithmen zur Berechnung der optimierten Fahrgeschwindigkeit vPRO: «Zwei Stunden vor Abfahrt identifizieren die Systeme, in denen diese optimierte Geschwindigkeit hinterlegt sind, automatisch wichtige Stellen, an denen Züge eng hintereinanderfahren und sich somit behindern könnten. Nehmen wir die Strecke Bern-Zürich. Der Start und Endbahnhof sowie der Bahnhof Olten sind solche Stellen – das bedeutet, dass die Zeiten an diesen Punkten möglichst genau eingehalten werden müssen. Entsprechend berechnet das System die empfohlenen Geschwindigkeiten, welche der Zug fahren soll, damit er den Fahrplan einhält, wenn er pünktlich abfährt.»

Mit diesen Fixpunkten sowie den Daten aus Fahrplan, Fahrweg, eingesetztem Rollmaterial und Baustellen wird dank Thomas’ Algorithmen eine optimale Fahrgeschwindigkeit berechnet. «Dies führt dazu, dass der Zug weniger Strom verbraucht. Weiter hat es für den Lokführer den Vorteil, dass er durch empfohlene Geschwindigkeit seine Fahrstrategie einfacher bestimmen kann», so Thomas. Für das Lokpersonal ist es aber doch eine gewisse Umstellung: Neu verfügen sie über die gleichen präzisen Fahrplaninformationen wie die Betriebszentrale, die den Zugverkehr lenken. Ein Pilotbetrieb hat gezeigt, dass sich die Umstellung lohnt. Die Züge sind pünktlicher und energiesparender unterwegs. Deshalb wurde vPro im Jahr 2020 definitiv eingeführt.

Verteilen auf dem Perron hilft der Pünktlichkeit

Für die Entwicklung der Algorithmen ist es wichtig, die unterschiedlichen IT-Systeme, die darin vorhandenen Daten, deren Herkünfte und Flüsse, zu kennen. «Hilfreich für die Entwicklung war meine Erfahrung bei der SBB und der enge Kontakt zum multidisziplinären Projektteam: Ich war häufig im Führerstand und verstehe – aus Sicht Fahrplan – die Arbeit und Bedürfnisse der Lokführerinnen. Auch die Erstellung des Fahrplans und die Tätigkeit in der Betriebszentrale sind mir bekannt», so der 47-jährige.

«Unser System sucht mit der optimierten Fahrgeschwindigkeit sozusagen nach der «grünen Welle» für die Züge», sagt Thomas. Dadurch treten für Kundinnen und Kunden weniger Verspätungen auf. «Was mit der Mathematik noch nicht berechnet werden kann, ist der Kundenansturm auf dem Perron.» Reisende können bei der Pünktlichkeit mithelfen, in dem sie sich auf dem Perron gut verteilen und alle Türen benutzen. So steigen sie schneller ein und aus, wodurch die Abfahrtszeiten eingehalten werden können. Thomas Graffagnino hofft, dass «die Kundinnen und Kunden nichts vom Projekt eco2.0 spüren. Denn dann weiss ich, dass die SBB pünktlich unterwegs ist und meine Algorithmen stimmen.»

Arbeiten bei der SBB

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