Es pendelt wieder in Strömen

Mit dem Fall der Homeoffice-Pflicht steigen morgens und abends wieder mehr Pendlerinnen und Pendler in unsere Züge. Kundenbegleiter Joël Müller erzählt, wie sich sein Arbeitsalltag geändert hat.

Lesedauer: 2 Minuten

Wo sich vor einigen Monaten Menschen Schulter an Schulter in volle Wagons setzten, herrschte plötzlich gähnende Leere. Was waren das für verrückte Tage und Wochen im Frühjahr 2020. Von einem Tag auf den anderen stand ich als Kundenbegleiter plötzlich alleine da. Ich musste die Fahrgäste jeweils regelrecht suchen.

Zugegeben: Zeitweise genossen meine Kolleginnen und Kollegen und ich die leeren Züge auch ein bisschen. Wenn es nach Interlaken ging, hatten wir Zeit, die Schiffe auf dem Thunersee zu zählen. Bei Fahrten nach Chur sahen wir uns die Churfirsten mal genauer an. Und am Genfersee hielten wir Ausschau nach dem Schloss Chillon. Mein stetiger Begleiter war dabei eine digitale Landkarte auf meinem Tablet. So nutzte ich die freie Zeit, um meine Geografie-Kenntnisse etwas aufzufrischen.

Nun beginnen sich die Zeiten zu normalisieren. Restaurants öffnen wieder ihre Tore, Veranstaltungen dürfen wieder stattfinden und der eine oder andere kommt vom Homeoffice zurück ins Büro. Mit mehr Fahrgästen in den Zügen werden natürlich unsere Kontrollgänge künftig wieder mehr Zeit in Anspruch nehmen. Dies ist aber nur die eine Seite der Medaille. Es tönt jetzt etwas schmeichelhaft, wenn ich sage, dass ich mich auf die Rückkehr der Pendlerinnen und Pendler freue. Aber die Aussage hat einen wirklich ernstgemeinten Kern.

Ich mag es, am frühen Morgen den Puls unserer Gesellschaft zu spüren. Im hintersten Wagen dösen die Langschläfer noch vor sich hin. Ein Wagen weiter vorne riecht es nach frisch gedruckten Zeitungen und noch frischerem Kaffee. Und in der ersten Klasse hauen einige schon kräftig in die Tasten. Na gut, der Kaffee sollte aus Rücksicht auf die Maskenpflicht vorerst lieber noch zuhause geschlürft werden. Aber alles andere hält wieder Einzug in die Züge, Busse und Trams unseres Landes, da bin ich mir sicher.

Ich freue mich auf jeden Fall auf die kommenden Wochen. Und wenn ich morgens mal etwas gestresster wirken sollte als gewünscht, so verzeiht es mir bitte. Meine Kolleginnen, Kollegen und ich sind es uns nicht mehr so gewohnt, wenn es in Strömen pendelt.

Joël über sich

Geboren 1997, arbeite ich heute als Kundenbegleiter bei der SBB. Tagtäglich fahre ich quer durch die Schweiz und erlebe so manche spannende Geschichte. Wir «Kondukteure» könnten ganze Bücher über unseren Arbeitsalltag füllen. Dies hat mich auch dazu bewogen, in meinem Blog «EinfachRetour» von meinem Leben im Zug zu berichten. «EinfachRetour» gibt’s unter einfachretour.com und auf Twitter mit @einfachretour.

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