Hosen runter: So macht sich die SBB im internationalen Vergleich

Eigenlob hat nicht den besten Ruf. Doch wer in Statistiken zum weltweiten Bahnverkehr abtaucht stellt fest: International macht die SBB keine schlechte Figur. Der folgende (fast gänzlich) unkritische Beitrag ist Balsam für die Bähnlerseele und Brandbeschleungier fürs Feu sacré. Eine kleine Stärkung

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Eisenbahn first!

Die Bahn bekommt in der Schweiz einen sehr hohen Anteil am gesamten Personenverkehrskuchen ab: 2015 betrug der sogenannte Modalsplit 17,1 Prozent. Gemäss Eurostat ist das der höchste Wert in Europa. Österreichs Züge fahren hinter der Schweiz mit einem Modalsplit von 11,2 Prozent auf Platz zwei, auf Rang drei folgen die Niederlanden mit einem Modalsplit von 10,8 Prozent.

Elektrische Elite

Die Elektrifizierung – also der Aufbau eines Stromversogungsnetzes – läutete das Zeitalter Moderne Ende des 19. Jahrhunderts ein. Für die Eisenbahn bedeutete sie den Umstieg von Dampf und Diesel auf Strom. Ein Blick auf die Elektrifizierung internationaler Bahnnetze (und auf die ERTMS-Zahlen) zeigt aber: Der elektrische Funke ist bis heute noch nicht vollständig auf die Bahnwelt übergesprungen. So sind die meisten ganz elektrifizierten Strecken bloss kleine Bahnlinien. Die BLS gehört ebenso dazu wie der Eurotunnel, die Rhätische Bahn oder Taiwans und Georgiens Zugnetz. Mit einer Elektrifizierungsquote von 99,98 Prozent – und bei einem im Vergleich zu oben genannten Bahnen grossen Netz – ist die SBB also ganz gut dabei. Das bestätigt auch der vergleichende Blick über die Grenze: In Österreich liegt die Elektrifizierungsquote bei rund 72 und in Italien bei 71 Prozent. Schlusslicht bildet übrigens der Iran (2,11 Prozent).

Ein Uhrwerk auf Rädern

Wie ein fein abgestimmtes Schweizer Uhrwerk funktioniert auch die Bahn hierzulande: Die SBB erreicht im Vergleich mit den Bahnen der Nachbarstaaten die höchste Pünktlichkeit.*

Ich sehe nur Bahnhof!

Durchschnittlich 4 Kilometer müsste in der Schweiz zurücklegen, wer nicht auf den nächsten Zug warten mag und lieber zu Fuss zum nächstgelegenen Bahnhof kommen möchte. Das belegen die Zahlen aus der UIC-Statistik. Die Distanz zwischen zwei Bahnhöfen oder Haltestellen liegt damit im gleichen Bereich wie bei unseren österreichischen Nachbarn, wo die durchschnittliche Distanz 4,4 Kilometer beträgt. In Finnland dauert der hypothetische Fussmarsch dann doch etwas länger: Dort liegt die durchschnittliche Distanz zwischen zwei Bahnhöfen bei 29,5 Kilometern. Der skandinavische Nachbar Norwegen weist eine durchschnittliche Distanz von 12,5 Kilometern auf. Interessant: Trotz der schier unfassbaren geografischen Weite und teils spärlichen Besiedlung weist Russland eine durchschnittliche Distanz von nur 8,1 Kilometern aus, also gerade mal das doppelte der Schweiz.

Eine starke Bahn hinter einem starken Land

Im Global Competitiveness Ranking des World Economic Forums (WEF) steht der Wirtschaftsstandort Schweiz auch dieses Jahr wieder auf Platz eins. Der dahinterstehende Index berechnet sich aus 114 Indikatoren, wovon einer die Qualität der Eisenbahn im jeweiligen Land abbildet. Bei diesem Eisenbahn-Indikator belegt die Schweiz mit 6,6 von 7 Punkten den ersten Rang, eng gefolgt von Japan und Hongkong.

Höchstleistungen – aber wirklich überall?

Die SBB macht sich im internationalen Vergleich wirklich nicht schlecht. Was aber nicht heisst, dass bei der Bundesbahn immer alles richtig läuft. In manchen Bereichen ist die SBB sogar noch weit vom Optimum entfernt: Beim Anteil der im Unternehmen beschäftigten Frauen etwa. Die Frauenquote bei der SBB liegt bei niedrigen 17 Prozent – eine Zahl, die sich kaum alleine durch die Anzahl Jobs mit schwerer körperlichen Arbeit entschuldigen lässt.

*Erläuterungen zur Pünktlichkeitsstatistik:

  • Die SBB kommuniziert die Pünktlichkeit nach UIC-Standard nicht als Zahl, damit keine Verwirrung mit den von der SBB üblicherweise kommunizierten Pünktlichkeiten entsteht (Kundenpünktlichkeit, kundengewichtete Anschlusspünktlichkeit).
  • Die Statistik der International Union of Railways UIC erhebt lediglich die Ankunftspünktlichkeit der Züge. Somit beschränken sich internationale Vergleiche auf Basis der UIC-Statistik auf diese betriebstechnische Pünktlichkeit. Die Ankunftspünktlichkeiten der Züge werden getrennt nach Fern- und Regionalverkehr angegeben. Im Fernverkehr gilt bei der UIC ein Zug mit 15 Minuten Ankunftsverzögerung gerade noch als pünktlich. Bei diesem Vergleich erreicht die SBB die höchste Pünktlichkeit. Im Regionalverkehr ist ein Zug bei der UIC ab fünf Minuten verspätet. Auch bei diesem Vergleich erreicht die SBB die höchste Pünktlichkeit bei den oben aufgeführten Bahnen. Im Vergleich mit allen Bahnen sind kleine Bahnunternehmen im Regionalverkehr teilweise noch etwas pünktlicher unterwegs. Die SBB erreicht aber auch hier sehr hohe Werte.
  • Für die von der SBB üblicherweise nach aussen kommunizierten Pünktlichkeitswerten gilt ein Zug bereits mit 3 Minuten Ankunftsverzögerung als verspätet. Das ist international der höchste Standard. Darüber hinaus kommuniziert die SBB die Kundenpünktlichkeit resp. die kundengewichtete Anschlusspünktlichkeit der Züge und nicht die Ankunftspünktlichkeit der Züge. D.h. ein verspäteter Zug wird, vereinfacht ausgedrückt, noch mit der Anzahl Reisenden im entsprechenden Zug gewichtet. Das führt zu einer höheren Gewichtung eines Zuges während den Hauptverkehrszeiten und somit zu einer noch strengeren Auslegung der Pünktlichkeit. 89,0 Prozent aller Reisenden erreichten im Jahr 2017 ihr Ziel mit weniger als drei Minuten Verspätung.