Nachts im Gotthard-Basistunnel

Schlafen? Nicht im Gotthard-Basistunnel (GBT). An drei Nächten pro Woche sorgt die Erhaltung dafür, dass der Tunnel nicht zur Ruhe kommt. Die SBB erklärte an einem Medienanlass kurz und bündig, worauf es ankommt und wo die Herausforderungen liegen.

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Entweder-oder

Der Tunnel ist 7 Tage 24 Stunden im Betrieb. Doch an drei Nächten pro Woche sperrt die SBB für je sechs bis acht Stunden eine Tunnelröhre. Denn im GBT gilt das Prinzip «Fahren» oder «Erhalten». Damit der GBT noch lange in Schuss bleibt, führt die SBB von Anfang an verschiedene Unterhaltsarbeiten aus. Dazu gehören zum Beispiel Reinigung, Wartungsarbeiten, Kontrollen, Reparaturen oder Fertigstellungsarbeiten. Kann die Behebung einer Störung nicht bis am Wochenende warten, wird unter der Woche ein Drittel einer Röhre für vier Stunden gesperrt.

Es kann nur einen geben: Den Weg über die Schiene

Tunnel erhalten, leichter gesagt als getan! Denn die Mitarbeitenden und das Material kommen hauptsächlich über die Schiene zu ihren Arbeitsplätzen. Die Erhaltungsfahrzeuge transportieren sie zu Beginn und zum Ende jeder Schicht in bzw. aus dem Tunnel. Dazwischen gibt es keine Reisen. Das heisst: Werkzeug vergessen geht nicht! Von Anfang an muss das richtige Material mit an Bord sein. Deshalb wird jede Erhaltungsschicht detailliert mit einem Drehbuch geplant. Damit sich die Mitarbeitenden im Tunnel flexibler zwischen den Arbeitsstellen bewegen können, setzt die SBB seit kurzem E-Trottinettes ein.

Erstfeld, Ambri-Piotta und Biasca fahren im Tunnel

Das ist zumindest richtig, wenn man darunter die Namen der Basisfahrzeuge versteht. Sie bilden das Rückgrat der Erhaltungsflotte und tragen Namen der Bahnstationen der alten Bergstrecke. Insgesamt 30 Spezialfahrzeuge nutzt die SBB für die Erhaltung des GBT und später auch für den Ceneri-Basistunnel. Sie werden sowohl elektrisch als auch mit einem Dieselmotor angetrieben. Das Besondere: Die erstmals bei Erhaltungsfahrzeugen eingesetzte automatische Kupplung ermöglicht eine Trennung der Teilzüge auf «Knopfdruck». Zur Erhaltungsflotte zählen auch zwei Mobile Erhaltungstore (MET), die einzigartig in Europa sind. Das MET stellt sicher, dass sich in der gesperrten Tunnelröhre die erwünschte Luftströmung einstellt.

Mitten in der Schweiz: Karibik, das ganze Jahr lang

Sommerhitze? Was diese Tage viele zum Schwitzen bringt, ist für die Mitarbeitenden im GBT das ganze Jahr lang Alltag – und eine echte Herausforderung. Denn hier herrschen vielerorts ganzjährig um die 40°C. Temperaturen und Luftfeuchtigkeit werden während den Arbeiten ständig gemessen. Werden die Grenzwerte überschritten, heisst es: Kältepause im klimatisierten Aufenthaltsraum auf dem Erhaltungszug. Das Material im Tunnel lassen die Temperaturen übrigens kalt. Denn das ist dafür ausgelegt.

Modell, virtuell, reell: erst simulieren, dann machen.

Vor ihrem Einsatz im Tunnel können die Mitarbeitenden im Erhaltungs- und Interventionszentrum (EIZ) Biasca die Arbeiten «im Trockenen» üben. Hier sind die technischen Anlagen nachgebaut, so wie sie im Tunnel und in einem Querschlag vorzufinden sind. Im Tunnel selbst sollen die Erhaltungsarbeiten zukünftig auch durch Extended Reality unterstützt werden: durch Datenbrillen werden sich Checklisten vor dem Auge einblenden lassen. Bei kniffligen Fragen kann zudem der zentrale Support beigezogen werden, der dasselbe Blickfeld wie die Person vor Ort hat und so zusätzliche Informationen einblenden kann.

Stabiler Betrieb trotz Herausforderungen

18 Monate nach Inbetriebnahme zieht die SBB eine positive Bilanz: Insgesamt 70 090 Züge sind bis Juni 2018 durch den Tunnel gefahren. Der Fahrplan ist dank Fahrzeitreserven stabil, Sicherheitsrelevante Vorkommnisse hat es bisher nicht gegeben. Die Anlagen im Gotthard Basistunnel funktionieren seit der Inbetriebnahme gut und sicher. Neben der Fertigstellung des Bauwerks zeigten sich weitere Herausforderungen erst unter Belastung. Damit die volle Kapazität erreicht werden kann, werden noch verschiedene Optimierungen durchgeführt.

Nord-Süd-Achse Gotthard bis Ende 2020 finalisiert

Mit der Eröffnung des Ceneri-Basistunnels ist das Jahrhundertwerk – die Neue Eisenbahn-Alpentransversale NEAT – fertiggestellt. Nach der Inbetriebnahme des Lötschberg-Basistunnel 2007 und des Gotthard-Basistunnel 2016 lässt die Eröffnung des Ceneri-Basistunnel 2020 die Flachbahn auf der europäischen Nord-Süd Achse Realität werden. Bis dahin werden auf den Zulaufstrecken zu den beiden Basistunneln zwischen Basel und Chiasso rund 25 Bauprojekte realisiert. Dazu zählt unter anderem die Erneuerung der Bahninfrastruktur am linken Zugerseeufer und der Bau der Doppelspur Walchwil wie geplant bis zur Inbetriebnahme des Ceneri-Basistunnels. Bis 2020 bleibt es anspruchsvoll.

Der Gotthard-Basistunnel in Zahlen:

2 x 57 km Einspurtunnel / 33 km offene Neubaustrecke

  • 178 Querschläge
  • 2 Multifunktionsstellen
  • 308 km Schienen
  • 43 Weichen
  • 153 km Fahrleitung
  • 2600 km Lichtwellenleiter
  • 3200 km Kupferkabel
  • 900 Balisen (ETCS)
  • 360 Achszähler
  • 2500 Elektroschränke in Querschlägen
  • 10 000 Leuchten
Quelle: SBB
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