«Es gibt nichts schönzureden»

Die SBB macht negative Schlagzeilen. Kathrin Amacker, Leiterin Kommunikation und Mitglied der Konzernleitung, nimmt Stellung. Sie sei betroffen. Und ist überzeugt, dass die SBB die richtigen Lehren gezogen hat und insgesamt in Sachen Governance gut aufgestellt ist.

Lesedauer: 3 Minuten

Kathrin Amacker, das ist happig: Der SBB Verwaltungsrat habe seine Aufsichtspflicht schwer verletzt, sagt die Geschäftsprüfungskommission. Gleichzeitig wird bekannt, dass bei der Transportpolizei wegen Betrug ermittelt wird. Was ist los bei uns?
Wir stehen zurzeit medial wirklich in einem ganz schlechten Licht da. Das macht mich als Konzernleitungsmitglied betroffen, als Verantwortliche für Kommunikation und Politik erst recht. Wir müssen uns diesen Themen stellen und die richtigen Schlüsse daraus ziehen.

Zum Bericht der Geschäftsprüfungskommission: Sie stellt fest, der SBB Verwaltungsrat habe seine Aufsichtspflicht schwer verletzt. Monika Ribar habe ein heikles VR-Mandat verschwiegen.
Es sind Fehler passiert, da gibt es nichts schönzureden. Unsere Verwaltungsratspräsidentin Monika Ribar hatte ihr Capoinvest-Mandat als nicht bedeutend eingestuft und es vor ihrer Wahl zur Präsidentin gegenüber dem Bundesrat nicht angegeben. Monika Ribar hat sich bereits im vergangenen November öffentlich entschuldigt. Sie hat das an der Kaderkonferenz im März vor 2000 Kadern wiederholt: «Das war ein Fehler. Punkt.» Ich fand dies mutig von ihr. Die GPK hat diese Entschuldigung auch in ihrem Bericht vermerkt.

Genügt eine Entschuldigung?
Nein, eine Entschuldigung allein genügt nicht. Wichtig ist, dass auch Taten folgen. Unser Verwaltungsrat hat lange vor dem GPK-Bericht Anpassungen vorgenommen. Er hat den Verhaltenskodex für den Verwaltungsrat per 1. Januar 2018 geändert. Neu müssen Mitglieder des Verwaltungsrats sämtliche Mandate vor der Übernahme zuhanden des Präsidiums melden. Zudem überprüft der Personal- und Organisationsausschuss neu mehrmals pro Jahr die Interessenbindungen des Verwaltungsrats. Damit hat unser Verwaltungsrat die GPK-Empfehlungen an den Bundesrat bereits umgesetzt.

Trotzdem werfen Politiker der SBB «Mängel in der Transparenz» vor.
Das verstehe ich angesichts der Negativschlagzeilen gut. Zugleich betone ich, dass wir als SBB grösstmögliches Gewicht legen auf Transparenz und die so genannte Governance. Wir haben auch einen Verhaltenskodex für alle Mitarbeitenden, tolerieren keinerlei Verstösse gegen gesetzliche Bestimmungen oder andere Regelungen. Ebenso ist für uns finanzielle Transparenz zentral. Aus negativen Vorfällen lernen wir und passen unsere Regelungen bei Bedarf auch an.

Das tönt gut. Bloss: Wie passen die Untersuchungen bei der Transportpolizei dazu, die auch gerade jetzt bekannt geworden sind?
Natürlich können auch beste Regeln umgangen werden, mutwillig oder aus Nachlässigkeit. Wichtig ist, dass – wenn man so etwas erkennt – es sowohl interne als auch externe Stellen gibt, an die man sich wenden kann. Im Fall der Transportpolizei hat sich ein Whistleblower an die Eidgenössische Finanzkontrolle (EFK) gewandt. Deshalb untersucht diese die Vorwürfe. Selbstverständlich unterstützen wir die Untersuchungen vollumfänglich. Wenn über unser eigenes Compliance-Meldetool eine Meldung eingeht, untersucht die SBB Falluntersuchungsstelle und zieht bei Bedarf auch externe, unabhängige Experten bei.

Offenbar geht es um «Subventionsbetrug», wie es beim Postautoskandal auch vorgekommen ist. Was sagen Sie dazu?
Die Untersuchungen laufen noch. Die Resultate liegen voraussichtlich bis November vor. Dann werden wir mehr wissen. Robert Scheidegger von der EFK hat bereits jetzt öffentlich unterstrichen, dass der Fall keinesfalls die Ausmasse des Postauto-Skandals habe. Mich beruhigt das.

Wie geht die Konzernleitung mit solchen Negativschlagzeilen um?
Natürlich sind wir alle in der Konzernleitung sehr betroffen. Und überlegen uns bei jedem Fall: Haben wir an alles gedacht? Müssten wir Prozesse verbessern? Mitarbeitende besser schulen? Wir fühlen uns verantwortlich.

Was tun Sie, damit das Image der SBB nicht weiter leidet?
Die SBB steht stark in der Öffentlichkeit. Wir gehören als bundesnahes Unternehmen allen Schweizerinnen und Schweizern. Das ist schön, aber auch anspruchsvoll. Besonders wenn Fehler passieren, bekommen wir das stark zu hören und zu spüren. Natürlich setzen wir alles daran, aus Fehlern zu lernen. Wichtig ist und bleibt, dass wir jeden Tag eine gute betriebliche Leistung für unsere Kunden liefern und auf ihre Anliegen eingehen. Ich bin gerade in St. Gallen an der Einweihung des neuen Bahnhofs und der ersten Taufe des Fernverkehrs-Doppelstockzugs. Und darf feststellen: Wir können auch immer wieder über Erfreuliches berichten.