Mehr Frauen für Europas Bahnen

Am 5. November haben die Gemeinschaft europäischer Bahnen (CER) und der Gewerkschaftsdachverband Europäische Transportarbeiter-Föderation (ETF) die Vereinbarung «Women in Rail» unterzeichnet. Was bringt das Frauen, die bei der SBB arbeiten oder dies künftig wollen?

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Mit dem europaweit gültigen Rahmenabkommen sollen sich die Arbeitsbedingungen für die Frauen verbessern, um mehr Mitarbeiterinnen zu gewinnen. Seraina Lang, Verantwortliche SBB HR international und Mitglied der CER Arbeitsgruppen, und Judith Renevey, Fachverantwortliche Diversity & Inclusion SBB, ordnen das Thema ein.

Seraina Lang, rund drei Jahre dauerte es von den ersten Gesprächen bis zur Unterzeichnung: Was waren die grössten Herausforderungen bei diesen Verhandlungen auf europäischer Ebene?

Seraina Lang: Tatsächlich waren es schwierige Rahmenbedingungen: Drei Jahre wurde intensiv diskutiert und letztlich primär mittels virtueller Plattformen verhandelt. Aber es hat sich gelohnt! Ich freue mich sehr über dieses wegweisende Verhandlungsergebnis. Im Vergleich zu nationalen Verhandlungen kamen hier weitere Dimensionen hinzu: grosse Verhandlungsdelegationen, kulturelle Unterschiede sowie vielfältige Sozialpartnerschaften zwischen den Bahnen und ihren Gewerkschaften. Nichtsdestotrotz kamen erstmals seit 15 Jahren Verhandlungen auf dieser Ebene zum Erfolg.

Wie kam es zu Verhandlungen über ein solches Abkommen?

Seraina: Die Gesellschaft wird älter – und dieser demografische Wandel führt zu einem Arbeitskräftemangel. Um diesem zu begegnen, müssen die Bahnen unbedingt mehr Frauen gewinnen – und auch halten. Angestossen durch die Schweizer Vertretung mit Markus Jordi, Mitglied der Konzernleitung und Leiter Human Resources SBB, und Giorgio Tuti, Präsident Gewerkschaft des Verkehrspersonals SEV und Präsident Eisenbahnsektion ETF, haben die HR-Chefs unserer Nachbarländer mit ihren Gewerkschaftsspitzen das Zügel in die Hand genommen und Verhandlungen für eine verbindliche Vereinbarung zur Förderung der Gleichstellung im europäischen Eisenbahnsektor initiiert.

Die Schweiz als Nicht-EU-Mitglied hat also durchaus eine wichtige Rolle gespielt?

Seraina: Ja, wir pflegen seit Jahren ein freundschaftliches Verhältnis zu unseren Nachbarbahnen. Die SBB wird als geschätzte Partnerin auf Augenhöhe betrachtet. Unsere gelebte Sozialpartnerschaft wird anerkannt und geschätzt. Im gesamten Verhandlungsprozess hat die SBB als nicht offizielles Verhandlungsmitglied entscheidend mitgewirkt und einen erheblichen Beitrag für das Zustandekommen der Vereinbarung geleistet.

Was wollen CER und ETF mit diesem Abkommen für die Mitarbeiterinnen im Bahnsektor konkret erreichen?

Judith Renevey: Das Abkommen zielt auf verschiedene Aspekte zur Chancengleichheit, Gleichstellung und Geschlechtervielfalt ab, für welche sich die SBB im Rahmen ihres Diversity-Managements stark engagiert. So soll ein Arbeitsumfeld geschaffen werden, in dem sich Frauen willkommen und ernst genommen fühlen. Dies beinhaltet neben der spezifischen Zusammenarbeit mit Geschäftsbereichen übergreifende Massnahmen wie faire Entlöhnung, die Gewährleistung von Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz, Prävention von sexueller Belästigung oder die Karriereförderung.

Wie gut ist die SBB in Sachen Gleichstellung derzeit unterwegs?

Judith Renevey: Im Vergleich zu anderen Bahnen in Europa steht die SBB, was direkt ausweisbare Zahlen und Massnahmen betrifft, gut da. Unser Diversity-Management ist etabliert und entwickelt sich kontinuierlich weiter. Bei der Lohngleichheit ist die SBB sehr gut unterwegs, was uns das Label «we pay fair» bestätigt. Ebenso streben wir mit den Diversity Ambitionen 2025 vielfältigere Führungsteams an. So sollen in jedem Führungsteam zwei oder mehr Frauen vertreten und jedes Führungsteam ab Ebene Geschäftsbereich mehrsprachig sein. Wir fördern Teilzeit und Jobsharing auf allen Hierarchiestufen. Bei Letzteren haben wir in Managementpositionen noch ordentlich Luft nach oben. Auch bei der gelebten Vereinbarkeit von Arbeits- und Privatleben oder von Beruf und Familie haben wir noch Potenzial.

Wo haben wir sonst noch Aufholbedarf? Welche Massnahmen plant die SBB aufgrund des Abkommens konkret?

Judith: Es wird ein langer Weg sein, Strukturen und Denkmuster zu durchbrechen. Denn wir müssen anerkennen, dass sich ein Grossteil der Organisationen historisch klar an männlichen Bedürfnissen ausgerichtet haben – so auch die SBB. Deshalb setzten wir vermehrt auf den Dialog zwischen den Führungskräften und ihren Mitarbeiterinnen, um deren spezifische Realitäten besser zu verstehen. Diesbezüglich sind wir mit verschiedenen Geschäftsbereichen im Kontakt – beispielsweise mit Claudio Pellettieri, Leiter Zugführung und Rangier von Produktion Personenverkehr.

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