Nachgefragt: Hat die SBB zu wenig Lokpersonal?

Am vergangenen Samstag fiel die S9 Olten–Sissach von 11 Uhr bis Betriebsschluss aus, weil zu wenige Lokführerinnen und Lokführer zur Verfügung standen. Claudio Pellettieri, Leiter Zugführung bei SBB Personenverkehr, erklärt, wie es dazu kommen konnte und welche Massnahmen die SBB ergreift.

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Claudio Pellettieri, Leiter Zugführung bei SBB Personenverkehr

Warum liess die SBB einen ganzen Tag lang die Züge der S9 ausfallen?

Die Situation beim Lokpersonal der SBB ist weiterhin angespannt. Nach den über 1900 Extrazügen für die schweizweiten Events von Mitte Mai bis Mitte Oktober bauen die Lokführerinnen und Lokführer momentan die Freitage ab, auf die sie im Sommer verzichtet haben. Ausserdem finden aktuell viele Fahrzeugschulungen statt. Leider fielen am Samstag kurzfristig mehrere Lokführer krankheitshalber aus. Deswegen fehlte der SBB am Samstag eine einstellige Anzahl Lokführer. Statt der Züge kamen Ersatzbusse zum Einsatz. Die betroffenen Kundinnen und Kunden waren rund 20 Minuten länger unterwegs. Wir entschuldigen uns bei ihnen.

Warum traf es gerade die S9?

Verschiedene Faktoren beeinflussten diesen Entscheid der SBB: einerseits die Region, in der das Lokpersonal fehlte. Andererseits die erwartete Anzahl Reisende auf der betroffenen Linie.

Solche Ausfälle scheinen sich zu häufen. Hat die SBB zu wenig Lokführerinnen und Lokführer?

Ja, momentan haben wir zu wenig Lokpersonal. Uns fehlt pro Tag im Schnitt das Personal für 30 Touren. Die meisten dieser Schichten können wir dank des kontinuierlichen Sonderefforts unserer Lokführerinnen und Lokführer decken – dafür bedanke ich mich bei ihnen. Die SBB hat in den letzten Jahren die Rekrutierung zu defensiv geplant, da wir eine zweijährige Vorlaufzeit haben und nicht immer im Voraus alle Einflussfaktoren abschätzen können. Wir werden die Bedarfsplanung verbessern. Trotzdem bleibt die Situation auch 2020 noch angespannt, denn auch nächstes Jahr fährt die SBB zahlreiche Extrazüge an Events in der ganzen Schweiz und führt an zahlreichen Stellen Bauarbeiten aus.

Welche Massnahmen trifft die SBB, um das Problem zu lindern?

Wir rekrutieren laufend neue Lokführerinnen und Lokführer und bilden sie an verschiedenen Standorten aus. Zurzeit haben wir 14 Klassen am Laufen. Jüngst haben wir zudem eine Kampagne gestartet, die speziell Menschen ab 40 anspricht. Das Probem ist, dass dies erst in rund einem Jahr Wirkung zeigen wird. Deswegen erhalten Lokführerinnen und Lokführer, die einen Freitag verschieben, bis auf Weiteres eine Prämie von 80 Franken.

Wird es zu weiteren Ausfällen kommen?

Die SBB unternimmt ihr Möglichstes, um dies zu verhindern.

Wer trägt die damit verbundenen Kosten?

Diese Kosten trägt die SBB.