Noch nie hat die SBB so viel Energie gespart wie 2021

Auf Sparkurs ist die SBB derzeit nicht nur finanziell, sondern auch in Sachen Energie. Im Jahr 2021 hat sie etwa so viel Strom gespart, wie die Haushalte in den Städten Bern und Lausanne zusammen verbrauchten. Namentlich 500 Gigawattstunden. Gelungen ist das mit reichlich Kreativität. 

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Nachhaltigkeit ist in aller Munde. Natürlich auch bei der SBB. Die Bahn ist bereits 20-mal ökologischer als das Auto und das Flugzeug. Und doch gibt es weitere Hebel, welche die SBB in Sachen Nachhaltigkeit in Bewegung setzt. Einerseits spielt das Wiederverwenden von Materialien eine grosse Rolle. Andererseits bietet das Thema Energie viele Chancen.

Die Züge der SBB fahren bereits heute zu 90 Prozent mit Energie aus Wasserkraft. Die restlichen 10 Prozent sind Atomstrom. Bis 2025 soll der Bahnstrom ganz aus erneuerbaren Quellen stammen. Nichtsdestotrotz will die SBB so viel Energie wie möglich einsparen.

Stromsparen wird zum Kreativprogramm

Fürs Energiesparen hat die SBB in den letzten Jahren über 250 verschiedene Massnahmen umgesetzt. So hätte die gesparte Energie im Jahr 2021 – namentlich rund 500 Gigawattstunden – prompt ausgereicht, um alle Haushalte der Städte Bern und Lausanne zusammen mit Strom zu versorgen. Ein Augenschein einiger Projekte.

Schlummerbetrieb für Züge

Wegen limitierten technischen Möglichkeiten wurden früher die meisten Züge durchgängig geheizt. Dies, auch wenn sie auf dem Abstellgleis standen. Dank einer neuen Software läuft die Heizung mittlerweile nur noch dann, wenn sie auch benötigt wird. Für die Kundinnen und Kunden ändert sich nichts. Sie erleben auch mit der verbesserten Steuerung immer ein angenehmes Raumklima im Zug. Pro Jahr spart die SBB mit diesen Massnahmen rund 50 Gigawattstunden – so viel, wie rund 12'500 Haushalte Strom verbrauchen würden.

Cleveres Verteilen des verfügbaren Stroms

Der Energiebedarf eines Zuges steigt stark an, wenn er beschleunigt. In den Hauptverkehrszeiten, wenn besonders viele Züge gleichzeitig fahren, belastet dies das Bahnstromnetz stark. An kalten Tagen braucht es noch mehr Energie, weil zusätzlich die Zug- und Weichenheizungen (siehe unten) aus dem gleichen Stromnetz versorgt werden.

Statt zusätzliche Anlagen wie beispielsweise Frequenzumrichter zu bauen, setzt die SBB auf die Digitalisierung. Die Idee: Sobald sich eine hohe Auslastung – im Fachjargon «Lastspitze» genannt – im SBB Netz abzeichnet, werden Zug- und Weichenheizungen für maximal zwei Minuten ausgeschaltet. Der Energiebedarf der Heizungen wird so zeitlich verschoben – die Lastspitze also geschnitten. Dieses clevere Verteilen des verfügbaren Stroms hat einen Namen: Lastmanagement.

Mehr Hintergründe dazu gibt es im Artikel «Mit intelligenter Software Energie schlau nutzen».

Die SBB gewinnt im Januar 2022 den «Watt d’Or»

Für das Projekt Lastmanagement hat die SBB im Januar 2022 vom Bundesamt für Energie die Auszeichnung «Watt d’Or» in der Kategorie Energietechnologien erhalten. 2007 wurde der «Watt d’Or» – das Gütesiegel für Energieeffizienz – zum ersten Mal verliehen. Sein Ziel ist es, aussergewöhnliche Leistungen im Energiebereich bekannt zu machen und so Wirtschaft, Politik und die breite Öffentlichkeit zu motivieren, die Vorteile innovativer Energietechnologien für sich zu entdecken.

Optimierte Weichenheizungen dank Wetterdaten

Weichen sind Wind und Wetter ausgesetzt und müssen auch bei Schnee und Kälte funktionieren. Dazu stehen der SBB 7400 Weichenheizungen zur Verfügung. Um den Energieverbrauch zu minimieren, hat die SBB die Steuerungen optimiert. Eine Wetterstation im Gleisfeld misst die Aussentemperatur sowie die Temperatur an der Schiene und detektiert Niederschlag. Mit diesen Daten wird der optimale Einschaltpunkt für eine Gruppe von Weichenheizungen ermittelt. Wird die Weichenheizung nicht mehr benötigt, schaltet sie sich selbständig wieder aus. So spart die SBB, ohne Einschränkungen am täglichen Betrieb, jährlich rund 7 Gigawattstunden Energie.

Ein neues Herz für die Lok 2000

Bis Ende 2022 werden im SBB Werk Yverdon-les-Bains alle Loks der Bahn 2000 modernisiert und erhalten quasi ein neues Herz: der neue Traktionsumrichter von ABB ist nochmals energieeffizienter. So benötigt die Lok noch weniger Energie beim Beschleunigen und kann beim Bremsen mehr Strom zurück in die Fahrleitung speisen. Dazu kommen weitere Effizienzmassnahmen wie etwa neue Druckluftversorgungsanlagen, eine Anpassung bei der Transformatorkühlung und eine optimierte Ventilatorensteuerung. Insgesamt benötigt die Flotte der Lok 2000 nach Abschluss der Modernisierung rund 30 Gigawattstunden weniger Strom.

Mehr zur modernisierten Lok 2000 gibt es im Artikel «Das Zugpferd der Bahn 2000 fährt immer klimafreundlicher».

Weniger Stopps dank Fahrempfehlungen

Das Lokpersonal erhält neu die Idealgeschwindigkeit für ihren Zug direkt aufs Tablet im Führerstand. Damit sind die SBB Personenzüge zeitlich präziser und energieeffizienter unterwegs. Kurz vor Abfahrt rechnet das Programm «vPRO» für jeden Personenverkehrszug ein optimiertes Fahrprofil – was den Stromverbrauch reduziert und die Pünktlichkeit erhöht.

Zudem liefert die «Adaptive Lenkung» Fahrempfehlungen an das Lokpersonal, damit es ungeplante Stopps vor Haltesignalen vermeiden kann. Die Züge fahren so flüssiger, energieeffizienter und materialschonender. Dank diesen beiden Funktionen spart die SBB pro Jahr rund 70 Gigawattstunden Strom ein, was etwa 17'500 Haushalten entspricht

Energie-Verbrauchs-App für Lokpersonal

Damit die Anstrengungen des Lokpersonals energiesparend zu fahren auch sichtbar werden, hat die SBB eine Energie-Verbrauchs-App entwickelt. Diese zeigt den Energieverbrauch der Züge auf dem persönlichen Tablet der Lokführer:innen. Die Energieverbrauchsdaten werden auf die einzelnen Touren zugeschnitten und Vergleiche zu eigenen Fahrten und zu den Fahrten des gesamten Lokpersonals gezogen. Die App lässt somit persönliche Rückschlüsse auf die individuelle Fahrweise zu, was sich positiv auf eine energieeffiziente Bahnproduktion auswirkt. Das Einsparziel liegt bei bis zu elf Gigawattstunden pro Jahr.

Anlagen und Gebäude

Neben der klassischen Bahnproduktion betreibt die SBB unzählige Gebäude und Werkstätten, deren Betrieb viel Energie benötigt. Um Strom zu sparen, beleuchtet die SBB Rangierbahnhöfe mit LED, erneuert die Isolationen und Fenster bei alten Gebäuden und optimiert Heizungen und Klimaanlagen. Interessant ist zudem die Photovoltaik-Anlage in Zürich Seebach: Da der Solarstrom direkt ins Bahnnetz eingespiesen wird und nicht zuerst umgewandelt werden muss, spart die SBB einen beträchtlichen Anteil an Strom.

Stromsparen heisst Geld sparen

Dass die SBB so viel Strom spart, hat neben den Nachhaltigkeitszielen auch einen finanziellen Anreiz. Gerade in der wegen der Pandemie angespannten finanziellen Situation ein netter Nebeneffekt. Allein im Jahr 2021 sparte die SBB mit den Energieprojekten rund 40 Millionen Franken ein. Und möchte noch einen Schritt weiter gehen: Das SBB Programm «Energiesparen und Klimaneutralität» hat sich bis 2030 eine weitere Einsparung von jährlich 350 Gigawattstunden als Ziel gesetzt – und rechnet daher mit weiteren 18 Millionen Franken tieferen Energiekosten.

Nachhaltigkeit als Teil der Strategie SBB 2030

Die SBB hat ein strategisches Zielbild bis 2030 definiert. Dieses setzt sie mit konkreten Zielen um. Eines davon ist die Nachhaltigkeit: Die SBB ist ab 2030 klimaneutral unterwegs, verbraucht weniger Energie und stärkt die Kreislaufwirtschaft. Die klimafreundliche und ressourcenschonende und im Vergleich zu Flugzeug, Bus und E-Auto unschlagbare Bahn leistet einen grossen Beitrag zum Klimaziel 2050 der Schweiz. Jährlich vermeidet die Schweiz dank des Schienenanteils am Verkehr den Ausstoss von fünf Millionen Tonnen CO2, was zehn Prozent ihrer Gesamtemissionen entspricht.